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Straßenbahn Berlin

Die Berliner Pferde - Eisenbahnen

Erster Pferdebahnwagen der Berliner Pferde Eisenbahn (Wagen 1), heute im Deutschen Technikmuseum erhalten

 Die erste Pferdestraßenbahn in Berlin

Am 22. Juni 1865 begann in Berlin das Zeitalter der Straßenbahn. Die Berliner Pferde- Eisenbahn- Gesellschaft E. Besckow nahm den Betrieb zwischen den Brandenburger Tor und Charlottenburg, Spandauer Straße auf. Erste Bestrebungen gab es bereits 1858 für die Strecke, jedoch konnten die erforderlichen Geldmittel vom Investor nicht aufgebracht werden. Genau genommen begann alles in Charlottenburg, denn die Stadt Berlin endete am Brandenburger Tor. Schon 1871 gründete sich die Große Berliner Pferde-Eisenbahn AG, die sich schnell auf dem Markt behaupten kann. 1873 begann der Betrieb mit der Linie 8 vom Gesundbrunnen zum Rosenthaler Platz. Berlin behielt sich vor, Einfluss in das Mindestangebot der GBPE zu nehmen.

Versuche anderer Antriebsarten

Zufrieden war man mit dem Antrieb durch Pferdekraft nicht, sie verursachten hohe Kosten durch den Unterhalt, Pflege und geringe Einsatzzeiten. So versuchte man schon früh alternative Antriebe zu suchen. Dampfstraßenbahnen fanden im dichten Stadtgebiet bedingt der Rauch- und Geruchsbelästigung keinen Zuspruch. Zur Anwendung gelangten diese daher nur in den westlichen Vororten wie in Grunewald, Wilmersdorf, sowie eine Strecke vom Bahnhof Groß-Lichterfelde zur Machnower Schleuse über Teltow.

Werner von Siemens präsentierte 1879 auf der Berliner Gewerbeausstellung eine elektrische Bahn, die die Aufmerksamkeit der Fachwelt auf sich zog. Werner von Siemens schlug der Stadt Berlin ausgearbeitete Pläne vor, die ein dichtes Netz von elektrischen Bahnen vorsahen. Diese lehnte den Vorschlag mit dem Hinweis auf nicht ausgereifte Technik zurück. So erwarb die 1881 von Siemens gegründete Betriebsgesellschaft eine stillgelegte Materialbahn zwischen dem Bahnhof Groß-Lichterfelde (heute: Lichterfelde-Ost) und der Kadettenanstalt in der heutigen Finckensteinallee, um einen Testbetrieb unter realen Einsatzbedingungen zu proben und die Alltagstauglichkeit zu beweisen.

---> Lesen Sie hier weiter über die erste elektrische Straßenbahn der Welt

Um 1895 lebten in den heutigen Grenzen Berlins rund 2,5 Mio. Menschen, genaue Zahlen gibt es nicht, da viele auch ungemeldet hier lebten. Die Pferdebahn hat sich neben dem Pferdeomnibus zum wichtigsten Verkehrsmittel innerhalb der Reichshauptstadt Berlin und umliegenden Städten entwickelt. Am Transportmarkt beteiligten sich nun neben der Großen Berliner Pferdeeisenbahn die Berlin-Charlottenburger Straßenbahn, die Neue Berliner Pferdebahn sowie in den umliegenden Städten und Gemeinden die Spandauer Straßenbahn, Pferdebahn Cöpenick, Pferdebahn Friedrichshagen. Die Erschließung der Innenstadt durch die Eisenbahn mit Eröffnung der Berliner Stadtbahn im Jahr 1882 führt zu ersten Rückschlägen für die Berliner Pferdebahnen.

Der kostengünstigere elektrische Betrieb mit seinen Vorzügen, zunächst mit Akkumulatoren- Triebwagen später als Oberleitungsbetrieb, verdrängt die Pferdeeisenbahn bereits 1901 aus dem Berliner und Charlottenburger Stadtbild. Die Anlagen und Pferde sowie die pferdespezifischen Arbeiter werden teilweise an den noch pferdebetriebenen Omnibus abgegeben.

Text und Zusammenstellung: M. Jurziczek, 4/2006

Pferdebahnwagen 40 mit Decksitzwagen 10 am Kupfergraben, geschmückt zum 90. Geburtstag Kaiser Wilhelm I. im Jahr 1887

Decksitzwagen Nummer 47 der Berliner Pferdeeisenbahn im Jahr 1887 am Luisenplatz (Charlottenburg) mit Festschmuck zum 90. Geburtstag des Kaisers Wilhelm I..

Schnittzeichnung von 1881 des ersten elektrischen Schienentriebwagens in Lichterfelde

Festzug (Dreispänner Decksitzwagen) anlässlich “25 Jahre Pferdebahnwagen” im Jahr 1890 auf dem Hof der Berliner Pferdeeisenbahn in Charlottenburg

Pferdebahn - Betriebshof Charlottenburg (Luisenplatz) 1890

Die Vossische Zeitung schreibt 1880:

 Potsdamer Brücke (Landwehrkanal), etwa 1902

“Wer mit der Pferdebahn über die Potsdamer Brücke in der Richtung nach dem Leipziger Platz fährt, wird in dem Moment, wenn der Wagen aus der scharfen Kurve dicht an der dort mitten auf der Straße stehenden großen Pappel vorüberjagt, kaum eines banges Gefühls sich erwehren können. Man fürchtet dann unwillkürlich, der Wagen könne hier entgleisen oder mit einem anderen Gefährt carambolieren und gegen den Baum geschleudert werden. Und in der That nur einem glücklichem Zufall dürfte es wohl zu danken sein, dass an dieser so überaus verkehrsreichen Stelle, an welcher gerade die mächtige Pappel sich befindet, bei diesem Gewühl von Menschen und Wagen, ein Unglücksfall bisher nicht stattgefunden hat. Doch nur ein anscheinend unbedeutender Umstand, z.B.  das Versagen einer Bremse an einem Wagen während des Vorüberfahrens von der Brücke könnte hier schon die schwerwiegenden Folgen nach sich ziehen. Wir sind gewiß weit davon entfernt, gegen den Aug und Herz erquickenden Baumschmuck in den Straßen der Stadt zu Felde ziehen zu wollen wir würden im Gegentheil einer noch weiteren Entfaltung desselben stets das Wort reden, wenn aber ein Baum, wie es hier der Fall ist, einen so unglücklichen, den Verkehr gefährdenden Stand hat wenn wir uns seines grünen Schmuckes nur auf Kosten drohender Gefahren erfreuen sollen, dann verzichten wir gern auf sein ferneres Fortbestehen, und können nur den maßgebenden Behörden empfehlen, das Hindernis recht bald beseitigen zu lassen.”

Ob diese Pappel nach 1880 weiterhin einige Fahrgäste an der Potsdamer Brücke erschreckte, ist uns nicht überliefert. Sicher ist jedoch, dass dort heute kein Baum mehr Straßenbahnfahrgäste gefährdet. Redaktionsleiter BVS, Jurziczek 4/2006


Museums- Pferdebahn- Wagen 573 der Großen Berliner Pferde-Eisenbahn, heute in der Pflege des DVN, ein weiterer Einspänner (Wagen 712 aus dem Jahr 1887), ein Zweispänner (Wagen 826 aus dem Jahr 1889) sowie ein Decksitzwagen (Wagen 1 aus dem ersten Jahr der Berliner Straßenbahn 1865 ) aus der einstigen Westberliner Fahrzeugsammlung befinden sich heute eingelagert im Depot des Deutschen Technikmuseum (DTMB) und warten auf ein würdiges Verkehrsmuseum.

Die einstige historische Fahrzeugsammlung der BVG-West

Quellennachweis zu diesem Artikel:

  • 125 Jahre Straßenbahn in Berlin”, ALBA-Verlag 1990, von Sigurd Hilkenbach
  • Straßenbahnarchiv Berlin und Umgebung 5” Transpressverlag 1987, von Autorenkollektiv unter Leitung von Dr.-Ing. Gerhard Bauer

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