“Wer mit der Pferdebahn über die Potsdamer Brücke in der Richtung nach dem Leipziger Platz fährt, wird in dem Moment, wenn der Wagen aus der scharfen
Kurve dicht an der dort mitten auf der Straße stehenden großen Pappel vorüberjagt, kaum eines banges Gefühls sich erwehren können. Man fürchtet dann unwillkürlich, der Wagen könne hier entgleisen oder mit einem anderen Gefährt
carambolieren und gegen den Baum geschleudert werden. Und in der That nur einem glücklichem Zufall dürfte es wohl zu danken sein, dass an dieser so überaus verkehrsreichen Stelle, an welcher gerade die mächtige Pappel sich
befindet, bei diesem Gewühl von Menschen und Wagen, ein Unglücksfall bisher nicht stattgefunden hat. Doch nur ein anscheinend unbedeutender Umstand, z.B. das Versagen einer Bremse an einem Wagen während des Vorüberfahrens
von der Brücke könnte hier schon die schwerwiegenden Folgen nach sich ziehen. Wir sind gewiß weit davon entfernt, gegen den Aug und Herz erquickenden Baumschmuck in den Straßen der Stadt zu Felde ziehen zu wollen wir würden im
Gegentheil einer noch weiteren Entfaltung desselben stets das Wort reden, wenn aber ein Baum, wie es hier der Fall ist, einen so unglücklichen, den Verkehr gefährdenden Stand hat wenn wir uns seines grünen Schmuckes nur auf
Kosten drohender Gefahren erfreuen sollen, dann verzichten wir gern auf sein ferneres Fortbestehen, und können nur den maßgebenden Behörden empfehlen, das Hindernis recht bald beseitigen zu lassen.”
Ob diese Pappel nach 1880 weiterhin einige Fahrgäste an der Potsdamer Brücke erschreckte, ist uns nicht überliefert. Sicher ist jedoch, dass dort heute
kein Baum mehr Straßenbahnfahrgäste gefährdet. Redaktionsleiter BVS, Jurziczek 4/2006
|