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Straßenbahn Berlin

Erste elektrische Straßenbahn der Welt: Groß-Lichterfelde

Bilder und Textblöcke übernommen aus “Die Fahrt Heft 6/1930” 

Versuchsanlage auf der Berliner Gewerbeausstellung 1879 in Berlin-Moabit auf einem 300-Meter Rundkreis

Werner von Siemens stellte auf der Gewerbeausstellung 1879 in Moabit seinen elektrischen Motorwagen vor. Skeptiker bezweifelten die Alltagstauglichkeit, so suchte Siemens eine Strecke die er elektrisch betreiben konnte.

Die Stadt Berlin wies seine Pläne einer auf Stelzen verkehrende elektrische Hochbahn durch die Innenstadt ab.

Am 16. Mai 1881 wurde die Straßenbahnlinie vom Bahnhof Lichterfelde-Ost (Anhalter Bahn) nach der Kadettenanstalt in Lichterfelde als erste elektrische Straßenbahn der Welt in Betrieb genommen.

--> Entwurfsplanung von Siemens einer Hochbahn durch die Leipziger Straße, die von der Stadt Berlin abgelehnt wurden.

Streckenverlauf der ersten elektrischen Straßenbahn: Rechts vom Bahnhof Lichterfelde-Ost beginnend über die Bogenstraße weiter übers freie Feld (die Schillerstraße kreuzend), Giesendorfer Straße in die heutige Finckensteinallee zum Kasernengelände (damals Militär-Schule).

Siemens verwendete eine stillgelegte Materialbahntrasse, um seinen neuen elektrischen Antrieb in einer praktischen Anwendung zu präsentieren. Am 16. Mai 1881 wurde die Straßenbahnlinie vom Bahnhof Groß-Lichterfelde (heute Lichterfelde-Ost)  (Anhalter Bahn) zur Kadettenanstalt in Lichterfelde als erste elektrische Straßenbahn der Welt in Betrieb genommen.

Die ersten Fahrten fanden noch ohne Stromabnehmer statt. Eine über dem Gleis in der Luft ausgespannte Fahrleitung, wie es heute bei Straßenbahnen üblich ist, hatte die erste Straßenbahn der Welt noch nicht. 

Schnittzeichnung durch den ersten Triebwagen , Kontaktaufnahme über die Fahrschienen

Der Fahrstrom (180 Volt) wurde zunächst durch die eine Fahrschiene zugeführt, während die andere Fahrschiene als Rückleiter diente. Die Stromabnahme erfolgte direkt über die Räder des Triebwagens. So konnten durch den Verzicht auf Fahrleitungsanlagen die Kosten für den Streckenausbau preiswert gehalten werden. Die Bahn fuhr auf einem eigenen Bahnkörper, sodass Verletzungen durch unachtsames Betreten der Gleise zunächst ausgeschlossen werden konnten.

Die Spurweite von 1000 mm wurde zugunsten eines leichten Wagenbaus gewählt. Die Wagen boten Platz für 26 Personen, der Motor erreichte eine Leistung von 5 PS, die über Spiraldrahtschnüre beide Achsen antrieb.  Der Triebwagen erreichte eine Fahrgeschwindigkeit von ca. 35 bis 40 Km/h. In dieser ursprünglichen Form hat die Bahn viele Jahre ihren Dienst getan. Störungen gab es überwiegend an den Wegübergängen, wenn Pferde mit ihren eisenbeschlagenen Hufen gleichzeitig beide Fahrschienen berührte, was schwere Verbrennungen nach sich zog oder gar zum Tod der Tiere führte. Siemens schuf hier Abhilfe, indem die Wegübergänge isoliert, also stromlos, ausgeführt wurden. Der Triebwagen musste diese kurzen Abschnitte mit Schwung überfahren.

Dieser Mangel an der Stromzuführung stellte Siemens nicht zufrieden. 1890 wurde die erste elektrische Straßenbahn über das Endziel Kadettenanstalt hinaus zum Bahnhof Lichterfelde-West (Stammbahn) verlängert. Im Zuge dieser Erweiterung wurde eine Fahrleitung auf der Erweiterungsstrecke erprobt. Neben der Strecke wurde ein Drahtseil auf Holzmasten gespannt. Die Kontaktaufnahme erfolgte über in Amerika entwickelte Rollenstromabnehmer. Nach Erfolg dieser Fahrleitung wurde die gesamte Strecke bis zum Bahnhof Groß-Lichterfelde entsprechend ausgerüstet.

Die Strecke von Lichterfelde-Ost nach Lichterfelde-West fand große Beachtung in der Fachwelt. Auch bei den Anwohnern war die Bahn beliebt, sie forderten den Ausbau des Streckennetzes. Bedingt der weitläufigen Bebauung entlang der Strecke war dies aus finanziellen Mitteln des Betreibers nicht möglich und erforderte die Beteiligung der Grundbesitzer. Schließlich erhöhte sich der Grundwert ihrer Immobilien durch die Erschließung durch die Schmalspurbahn. So wurden Interessenten- Anteilscheine ausgegeben, die einen Wert von je 250 Mark hatten. Dafür verpflichtete sich der Unternehmer die Wagen in einem Abstand von mind. 15 Minuten verkehren zu lassen, den Fahrpreis für die ganze Linie auf höchstens 25 Pfennig festzusetzen und 10-Pfennig-Teilstreckenkarten für 2 Kilometer anzubieten. Für den Betrieb wurden 32 Schmalspurtriebwagen beschafft. Den Inhabern der Anteilscheine war eine Verzinsung bis zu 5% in Aussicht gestellt, sofern sich Überschüsse aus dem Betrieb ergeben. Vermutlich kam es jedoch hierzu nicht. Das Streckennetz konnte so wie folgt erweitert werden:

Streckenerweiterung März 1895 der Schmalspurstraßenbahn

Bahnhof Groß-Lichterfelde-Ost durch die Boothstraße, Berliner Straße und Albrechtstraße zum Bahnhof Steglitz

Vom Bahnhof Groß-Lichterfelde-Ost durch die Wilhelmstraße, Chausseestraße (Hindenburgdamm) zum Bahnhof Steglitz

Vom Bahnhof Südende durch die Mariendorfer und Albrechtstraße zum Bahnhof Steglitz

 

Erster elektrischer Straßenbahntriebwagen der Welt (1882)

Triebwagen mit der Berliner Straßenbahnnummer 4330 am Bahnhof Lichterfelde-West

Triebwagen 4349 im Schmalspurbahnhof

Triebwagen der Schmalspurlinie 42 Richtung Bahnhof Steglitz im Jahr 1928

Die Schmalspurstrecke zum Bahnhof Südende wurde 1912 Richtung Mariendorf verlängert.

Bahnhof Südende um 1921: Eingleisige Meterspurstrecke der Linie 97 Steglitz - Mariendorf

Bahnhof Steglitz mit Triebwagen 18

Kurze Pause an der Endstelle Bahnhof Steglitz

Auch in Berlin wuchs nun das Straßenbahnnetz an, allerdings entschied man sich hier für die Normalspur (1435 mm statt der Lichterfelder Schmalspur von 1000 mm). Schon bald berührten sich die Straßenbahnnetze der 1906 in der Teltower Kreisbahn aufgegangenen Lichterfelder Schmalspurbahn. Mit der Eingliederung in die Berliner Straßenbahn (1921) wurden die Strecken auf Normalspur umgerüstet.

Am Sonnabend den 15. Februar 1930 entstand dieses Bild vor dem Straßenbahn- Betriebshof am Ostpreusendamm (heute BSR-Recyclinghof): Abschiedsfeier für die ehemaligen Teltower Kreisbahner vom Schmalspurbetrieb. Mit diesem Tage endete der Schmalspurbetrieb in Berlin, die vorhandenen letzten Linie 42 Bahnhof Lichterfelde-Ost - Boothstraße - Berliner Straße - Albrechtstraße - Bahnhof Steglitz  und Linie 97 Mariendorf (Chausseestraße) - Bahnhof Mariendorf - Bahnhof Südende - Albrechtstraße - Bahnhof Steglitz.

Bahnhof Südende mit Schmalspurgleisen und Fahrleitung für die Straßenbahn.

Für diese beiden letzten Strecken (Linien 42 und 97) war auch eine Umspurung der Strecken auf Normalspur vorgesehen, und streckenweise auch schon vorbereitet worden (Gärtnerstraße in Lichterfelde). Aufgrund der wirtschaftlichen Lage gelang es jedoch bis 1930 nicht, dieses Vorhaben umzusetzen. Die vorhandenen Fahrzeuge und Anlagen waren in einem abgenutzten Zustand, sodass es zur Stilllegung der beiden Straßenbahnlinien führte.

Ersetzt wurden die Linien 42 und 97 zunächst durch den Autobusbetrieb, am 23. April 1942 wurde die Linie 97 durch einen elektrischen Oberleitungsbus (Obus) ersetzt.

--> Der Obusbetrieb Linie 32 und 97 in Steglitz

Der schlechte Zustand der Schmalspur-Fahrzeuge aus Berlin-Lichterfelde ist hier auf dem Bild des letzten Betriebstages(Februar 1930)  gut zu sehen

Heute erinnert in Lichterfelde nicht mehr viel an den einstigen Straßenbahnbetrieb. Am Bahnhof Lichterfelde-Ost mahnt seit Dezember 1983 eine Geschichtshaltestelle gegen das Vergessen. Kaum ein Lichterfelder weiss etwas über den Schmalspurbahnbetrieb, auch eine Geschichtshaltestelle hilft hier nicht, letztendlich wurde auch sie vergessen (BVG Kundenzeitung BVG Plus Ausgabe 1/2006 und 3/2006). Eine Straßenbahn wird es leider in Lichterfelde nicht mehr geben, die Politiker haben mehr Freude an stinkenden Autos und lärmenden Straßen. Da ist es völlig falsch auch noch auf ein umweltfreundliches, leistungsfähiges und ökonömisches Verkehrsmittel zu verweisen. Auf den Hauptmagistralen (Ostpreussendamm, Hindenburgdamm, Drakestraße, Lichterfelder Allee) verkehren heute Autobuslinien im dichten Takt, auch eine U-Bahnplanung gab es für den Hindenburgdamm sowie der Albrechtstraße. An eine preiswertere Straßenbahn, die auch attraktiver von den Bürgern angenommen wird, will hier keiner etwas wissen oder daran erinnern ...

Ein Artikel aus der Mitarbeiterzeitung “Die Fahrt” 6/1930 zum letzten Betriebstag der Schmalspurbahn ist unter der Dokumentennummer 115 im Dokumentenbereich abrufbar (PDF).

Text und Zusammenstellung: M. Jurziczek 4/2006

Gleisplan der BVG (1953) Ausschnitt Lichterfelde

Quellennachweis zu diesem Artikel

  • 125 Jahre Straßenbahn in Berlin€, ALBA-Verlag 1990, von Sigurd Hilkenbach
  • Straßenbahnarchiv Berlin und Umgebung 5 Transpressverlag 1987, von Autorenkollektiv unter Leitung von Dr.-Ing. Gerhard Bauer
  • Das Ende der Schmalspurbahn zwischen Steglitz und Lichterfelde erschienen in der Die Fahrt 6/1930 von F. Rothbarth
  • -Von der Sänfte bis zur Hochbahn,  erschienen in der Mitarbeiterzeitung der BVG Die Fahrt 9/1929
  • Einstellung der Meterspurstrecken, erschienen in Berliner Verkehrsblätter, Heft 2/1980 Seiten 29 bis 31 von  Heinz Jung

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