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Straßenbahn Berlin

Die Elektrische Straßenbahn in Berlin 1900 bis 1949

Berlins und Charlottenburgs erste Elektrische

Nach den Erfolgen der elektrischen Straßenbahn in Lichterfelde lösten elektrische Triebwagen die Pferdebahnen in Berlin ab. Bereits 1882 beginnen erste Versuche in Charlottenburg auf der Strecke Charlottenburg zum Spandauer Bock. Hier kommt eine von Siemens entwickelte Oberleitung mit achträdrigen Kontaktwagen zum Einsatz, wie sie auch beim ersten Obus- Versuchsbetrieb des gleichen Jahres am Kurfürstendamm (Halensee) verwendet wurde. Die Stromaufnahme über eine Fahrschiene wie in Lichterfelde aufgebaut, war in Charlottenburg wegen des Mischbetriebes mit Pferdebahnen nicht möglich. Berlin jedoch äußert noch Bedenken gegen den Oberleitungsbetrieb, was einen weiteren Ausbau in Berlin verhinderte.

---> Lesen Sie hier weiter über die Versuchsstrecke der ersten Oberleitungsbus- Strecke am Kurfürstendamm im Jahre 1882

Akkubetriebene Triebwagen

Im August 1886 werden auf der Strecke Charlottenburg, Pferdebahnhof - Lützowplatz Versuche mit einem Akku-Triebwagen durchgeführt. Mehrfache Entgleisungen und Beschädigungen des Wagens führen zur Einstellung des elektrischen Betriebes mit Speicherenergie. 1893 wird mit der Firma Siemens & Halske ein Vertrag zur Elektrifizierung des gesamten Berliner und Charlottenburger Pferdebahnnetzes abgeschlossen. Zunächst wurde die erste Pferdebahnstrecke Brandenburger Tor - Charlottenburg auf den elektrischen Betrieb umgestellt, da hier die 1865 ausgestellte Konzession für die Pferdebahn zum Jahre 1895 auslief. Hier begannen erneute Versuche mit Akkumulatorenwagen, ab 1897 wurde die gesamte Strecke vom Kupfergraben bis Charlottenburg mit Akkumulatorenwagen elektrisch betrieben. Der Betrieb mit Oberleitung fand noch stetige Ablehnung bei der Stadtverwaltung. Erst 1899 begann der gemischte Betrieb von Akkumulatorenwagen und elektrischen Triebwagen mit Bügelstromabnehmer (Lyra). 1902 endete der Akkumulatorenbetrieb endgültig, die elektrische Straßenbahn mit Oberleitung überzeugt die Stadtväter mit einem störungsfreieren Betrieb gegenüber der Akkutriebwagen.

Mit der Elektrifizierung der Straßenbahn erzwang die Stadt Berlin auch den Einheitsfahrschein für 10 Pfennige, der allerdings die Gesellschafter nicht wirtschaftlich arbeiten liess, was am Streckennetz und Wagenpark erkennbar war. Der Fahrpreis gab der Straßenbahn in Berlin den Namen “Groschenbahn”.

Oberleitung mit oben aufgesetzten Kontaktwagen, wie sie auch bei der Elektromote 1882 in Halensee verwendet wurde.

Elektrische Straßenbahn auf dem Molkenmarkt um 1910, Blickrichtung Berliner Rathaus

Am Hochbahnhof Bülowstraße um 1910

Der große Ausbau des elektrischen Straßenbahnnetzes

Nach 1900 war die elektrische Straßenbahn ausgereift, das Stromabnehmersystem setzte sich durch. Viele Städte und Gemeinden rund um Berlin bauten schnell elektrische Straßenbahnnetze auf oder beteiligten sich an der Finanzierung der privaten Gesellschaften, und versprachen sich dadurch wirtschaftlichen Wachstum. Gute Verkehrsanbindungen zu den manchmal mehrere Kilometer entfernten Bahnhöfen sollten die Bodenpreise für die Terraingesellschaften interessant machen oder industrielle Standorte entstehen lassen. Mit der elektrischen Straßenbahn erreichte auch der elektrische Strom die Haushalte, was die Attraktivität der Wohngegenden steigerte. So gründeten sich bis 1920 nordöstliche, südliche und westliche  Vorortbahnen, die Berliner Ostbahnen, die Teltower Kreisbahnen mit den nun elektrischen Strecken Lichterfelde - Machnower Schleuse sowie der von der Gemeinde Steglitz übernommenen Grunewaldbahn Steglitz - Dahlem, die Straßenbahn auf der Nonnendammallee, die städtische Straßenbahn Cöpenick, die Spandauer Straßenbahnen, die Flachbahn der Hochbahngesellschaft, die Straßenbahn der Gemeinde Heiligensee, die Schmöckwitz-Grünauer Uferbahn sowie die Potsdamer Straßenbahn. In Johannisthal versuchte die A.E.G. ein Obusbetrieb um 1903 einzurichten, der sich jedoch nicht als ausgereift erwies. Die Gemeinde Steglitz liess sich von Daimler-Stoll im Jahr 1912 einen gleislosen Oberleitungsbus ( = Gleislobus) für die Strecke Bahnhof Steglitz zum Knausplatz an der Feuerbachstraße einrichten.

---> Lesen Sie hier weiter über Obusstrecken Johannisthal und Steglitz

Die Bildung von Groß-Berlin (1920) und damit zusammenhängende Zusammenschluß der verschiedenen Straßenbahngesellschaften bis 1929

Viele Jahre arbeitete der Verband Groß-Berlin auf die Eingemeindung der umliegenden Städte und Gemeinden zu Groß-Berlin hin. 1920 war es endlich soweit, Berlin erstreckte sich nun über die weitestgehend die heute bekannte Fläche aus. Damit fielen auch die 16 Straßenbahngesellschaften in diesem Einzugsbereich der Stadt Berlin zu, die sich in der Berliner Straßenbahn zusammenschlossen. Diese firmierte sich 1923 zur Berliner Straßenbahn Betriebs GmbH.

Der Vorteil des Zusammenschlusses war vielseitig. Die Stadt Berlin hatte in den letzten Jahren immer mehr Schwierigkeiten mit der Vergabe von Konzessionen, es traten Streitigkeiten über das Gleisnetz auf, wenn eine andere Bahnverwaltung die Gleise einer andere Bahn benutzen wollte, die Straße keinen Platz für eine eigene Trasse bot.

              

Fahrscheine der Berliner Straßenbahn Betriebs- Gesellschaft (Sammlung BVS)

Einzelne Gesellschafter fühlten sich benachteiligt durch städtische Bauvorhaben, beispielsweise mit der Inbetriebnahme der konkurrierenden Nordsüdbahn der Hoch- und Untergrundbahn (Seestraße - Bergstraße / Tempelhof) oder der GN-Bahn (Gesundbrunnen - Neukölln, Boddinstraße). Die zahlreichen Straßenbahnstrecken konnte nur neu organisiert werden, wenn sie aus einer Hand geführt werden. Wirtschaftlich standen auch gute Gründe für den Zusammenschluss, da man sich Werkstätten und Personale sowie Fahrzeuge (mit wenigen Ausnahmen) teilen konnte. Für die Berliner gab es nun einen Verbundfahrschein, mit dem man Bus, Straßenbahn und U-Bahn gleichermaßen benutzen konnte.

 <- Museumszug in Farbgebung der BSB

Gründung der Berliner Verkehrs AG (BVG)

Mit der Straßenbahnlinie 120 bildete Die BSB zusammen ab 1929 den Betriebsteil Straßenbahn der Berliner Verkehrs AG, die ein Zusammenschluss von U-Bahn, Autobus und Straßenbahn für ein Angebot unter einem Tarif den Verkehr anbot. Ernst Reuter, späterer Bürgermeister der Stadt Berlin (West), führte als erster Direktor das Unternehmen. Er war es auch, der diesen Zusammenschluss aller Verkehrsträger anregte.

Mit dem Ausbau des Berliner U-Bahnnetzes bis 1935 sanken die Fahrgastzahlen bei der Berliner Straßenbahn auf 551 Mio Fahrgäste (gegenüber 929 Mio im Jahre 1929), auch die Elektrifizierung der Reichsbahnstrecken zur Stadtschnellbahn und Inbetriebnahme der Nord/Süd-S-Bahn entzogen der Straßenbahn weitere Fahrgäste. Die zunehmende Automobilisierung verstopfte die Straßen, die Straßenbahn verlor an Geschwindigkeit. Für neue moderne Triebzüge stand kein Geld zur Verfügung, so wurden die alten Fahrzeuge, meist schon 20 Jahre alt, überarbeitet. 1938 wurde die BVG in einen Eigenbetrieb der Stadt Berlin umgewandelt. Die Abkürzung “BVG” hatte sich in den 9 Jahren so eingeprägt als Begriff für Bahn und Bus, dass die Abkürzung nicht geändert wurde.

T 24 Tw 5984 Sonderfahrt Linie 72

Straßenbahn als Bollwerk gegen die Rote Armee

Mit dem Zweiten Weltkrieg brach auch eine Zeit der Zerstörung über die Straßenbahn ein. Bedingt des Krieges waren Treibstoffe und Autoreifen knapp, was der Straßenbahn nochmals hohe Fahrgastzahlen bescherte (1943 = 914 Mio Fahrgäste). Zahlreiche Linien wurden als Ersatz für Autobuslinien oder zur Verstärkung dieser neu In Betrieb genommen.

 Auch der Versorgungsverkehr hatte dadurch Schwierigkeiten, etwa die Belieferung von Lebensmitteln an die Geschäfte. So wurden in den letzten Kriegsjahren Straßenbahnwagen zur Güterbeförderung herangezogen oder Personenzüge mit Anhängern versehen. Dazu wurden zahlreiche Gleisverbindungen zu Güterbahnhöfen der Reichsbahn hergestellt.

1Schaffnerinnen bei der Straßenbahn (1943)

Kriegsbedingt fehlten die Männer zur Ausübung der damaligen Männerberufe und Frauen nahmen den Platz ein

Ab Frühjahr 1943 häuften sich die Luftangriffe der alliierten Verbände über Berlin. Berlin wurde nach und nach aus der Luft zerstört. Neben zahlreichen Verlusten der Zivilbevölkerung wurden auch Anlagen und Fahrzeuge der Straßenbahn zerstört. Zwischen den Luftangriffen blieb immer weniger Zeit zur Beseitigung der Schäden, es fehlte an Material und Personal. Das Bedürfnis nach Mobilität steig jedoch in der Bevölkerung, den durch die Zerstörungen wurden die Wege immer weiter. Lebensmittel sonst wenige Meter vor der Tür gekauft, mussten nun aus anderen Stadtteilen besorgt werden. In den letzten Betriebstagen der Straßenbahn wurden Berechtigungsausweise zur Benutzung von den Behörden ausgegeben. Inwieweit diese noch Anwendung fanden ist uns heute nicht überliefert. Der letzte Betriebstag der Berliner Straßenbahn wird um den 22. April 1945 vermutet, die Stunde Null der Straßenbahn hat begonnen.

In den folgenden Tagen bis zur bedingungslosen Kapitulation (8. Mai 1945) verteidigten letzte deutsche Verbände die Innenstadt. Zur Verteidigung gegen die Rote Armee wurden in den Straßen Wälle aus Schutt, Schrott und nutzlos gewordenen Dingen wie auch Straßenbahnwagen errichtet, um sowjetische Panzer an der Weiterfahrt zu hindern.

Nikolai Bersarin lässt die erste Straßenbahn wieder fahren

Das dem Sieg über das Deutsche Reich machten sich die Befreier an die Arbeit, das öffentliche Leben wieder zum Laufen zu bringen. Der Oberbefehlshaber der 5. Stoßarmee der Roten Armee war seit 22. April 1945 der erste Stadtkommandant Berlins, Nikolai Bersarin und hatte die Aufgabe die Adern der zerstörten Stadt wieder zum Schlagen zu bringen. Er bildete eine erste Hilfspolizei, ordnete das Gesundheitswesen und sorgte sich um die Lebensmittelversorgung der Stadt. Erste Räumtruppen, gebildet aus der Zivilbevölkerung wurden mit dem Freilegen der Straßen beauftragt. Am 13. Mai 1945 erging der Befehl Nummer 6 zur Inbetriebnahme der 12 ersten Straßenbahnlinien 87, 69, 54, 60, 73, 95, 47, 27, 199, 74, 76, und 21 zu den angegebenen Terminen (18. Mai bis 25. Juli) durchzuführen. Die Wagenbeschilderung musste zunächst zweisprachig in Deutsch und Russisch erfolgen. Der Fahrpreis wurde auf 20 Pfennig festgelegt.

Oberbefehlshaber Bersarin wurde für seine Verdienste bereits im Mai 1945 von seinem Land entsprechend gewürdigt. Er verstarb leider bei einem Motorradunfall am 16. Juni 1945 in Friedrichsfelde, als er mit seiner Maschine unter einen sowjetischen LKW rutschte. Nikolai Bersarin ist heute Ehrenbürger der Stadt Berlin.

1946 Stettiner Bahnhof

Wiederaufbau und Teilung der Stadt

Wie bereits auf der Londoner Konferenz 1944 festgelegt, wurde Deutschland und Berlin in Sektoren aufgeteilt, die von den jeweiligen Alliierten geleitet werden. In Berlin wurde eine Stadtkommandantur eingerichtet (Schöneberg, Kleistpark), in der sich die jeweiligen 3 Stadtkommandanten der 3 Sektoren berieten und absprachen. Noch 1945 wurden 60 Trieb- und 18 Beiwagen als Reparationsleistung nach Warschau überführt.

Gemeinsam arbeiten zunächst die 4 Siegervertreter an der Wiederherstellung des öffentlichen Lebens. Die noch instabile Stromversorgung führte zu Stromzuteilungen, was zu zeitweisen Stilllegungen von ganzen Linien führte. 1947 gab es bereits wieder 52 Linien mit 388 Kilometern Streckenlänge für die Berliner. Die Fahrleitungen waren aus heutiger Sicht abenteuerlich gangbar gemacht worden. Mit dem Neuaufbau des Oberleitungsnetzes verschwand auch der Rollenstromabnehmer. Fortan gibt es in Berlin nur noch den Bügelstromabnehmer.

Die Alliierte Kommandatura richtete auch eigene Linien ein, die ausschließlich zur Beförderung eigener Truppen oder Bedienstete dienten, die bis 1948 aufgelöst wurden und teilweise auch für Zivilbevölkerung freigegeben wurde. Recht bekannt ist der Machorka-Express vom Wendenschloß zur Militäradministration der Roten Armee in Karlshorst.

Vorausgegangen ist ein Streit der Alliierten über die Reparationsforderungen. Am 20. März 1948 zerbricht das Anti-Hitler-Bündnis und die alliierte Kommandantur. Der Grundstein für den Kalten Krieg der Sieger des Zweiten Weltkrieges.  Die Alliierten Am 20. Juni 1948 wird in den Westsektoren Deutschlands und Berlins gegen den Willen der Sowjets die Westmark eingeführt. Aus Protest verlässt der sowjetische Stadtkommandant die alliierte Kommandantur, lässt die sowjetische Fahne einholen. Als Reaktion auf die Westmark wird wenige Tage später, am 23. Juni 1948 in den Ostsektoren die Ostmark eingeführt. Deutschland war damit wirtschaftlich in zwei Lager gespalten, dies wirkte sich auch auf die Berliner Straßenbahn aus: Es gab nunmehr zwei Fahrscheine für eine Fahrt durch die Stadt und die Schaffner mussten an den Währungsgrenzen den Zug verlassen.

Die Zusammenarbeit der einzelnen Dienststellen der BVG, die verteilt in den Sektorengrenzen lagen, wurden ab 1948 immer schwieriger. Die Gewerkschaften FDGB (sowjetischer Sektor) und die UGO (westliche Sektoren) hatten verschiedene Auffassungen über die Ziele und Zusammenarbeit mit der Vorstandsspitze. Diese Streitigkeiten führten zur verwaltungstechnischen Trennung der BVG, letztendlich leicht nachvollziehbar, wenn zwei Stadtmagistrate (die sich gegenseitig in der Existenz ignorierten) unterschiedlicher wirtschaftlicher Systeme versuchen ein Unternehmen zu führen, und einzelne Vorstandsmitglieder sich verschiedener politischer Kräfte zugehörig fühlen.

Im April 1949 wurden die Anlagen und Personale sowie notwendige Absprachen (speziell für den Betrieb U-Bahn) festgelegt. Zum 1. August 1949 waren die BVG entsprechend der Sektorengrenze in West und Ost geteilt.

Für die Straßenbahn bedeutete dies eine Aufteilung der Betriebshöfe je nach Standort mit Fahrzeugen. Auf den sektorenüberschreitenden Linien 3, 23, 24, 73, 74 und 95 wurden Fahrzeuge beider Verwaltungen eingesetzt.

Text und Zusammenstellung: M. Jurziczek 4/2006

                      

Museumsfahrzeug in Farbgebung und Beschriftung der BVG-Ost

Quellennachweis zu diesem Artikel

  • 125 Jahre Straßenbahn in Berlin”, ALBA-Verlag 1990, von Sigurd Hilkenbach
  • Straßenbahnarchiv Berlin und Umgebung 5” Transpressverlag 1987, von Autorenkollektiv unter Leitung von Dr.-Ing. Gerhard Bauer
  • Deutsch Russisches Museum in Berlin Karlshorst --> www.museum-karlshorst.de/

Text und Zusammenstellung: Jurziczek (2008)

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