Omnibus Berlin |
Der Busverkehr auf den Berliner Autobahnen |
Wer heute auf der Westberliner Stadtautobahn und deren Zubringern fährt, entdeckt an vielen Stellen kleine Ausbuchtungen mit dazugehörigen Treppenhäusern: Spuren vom Autobuslinienverkehr auf den Berliner Stadtautobahnen. Auch erkennt man auf Luftbildern teilweise noch heute die Buchstaben BUS auf diesen Buchten. Diese Haltestellenbuchten stammen noch aus einer Zeit, als man mit Autobuslinien der S-Bahn mangels Verbundtarif konkurrieren konnte. Da sich die Berliner Autobahnen dicht am Streckenverlauf der S-Bahnstrecken orientierten (Stadtring, Westtangente, AVUS) bot es sich an, hier einen Schnellverkehr mit Autobussen einzurichten. Nach einigen Ereignissen in der Stadt, dem Volksaufstand der DDR am 17.Juni 1953 und spätestens mit dem Bau der Berliner Mauer 1961 wurde die S-Bahn (unter Ostberliner Verwaltung) von vielen Westberlinern gemieden, was den bereits vorher eingerichteten Autobahnlinien zu weiteren Fahrgästen verhalf und weitere Linien schuf. Parallelverkehr auf der Autobahn für einen politisch korrekten Ersatzverkehr. Mit Übernahme der Betriebsrechte der S-Bahn in Westberlin durch den Senat wurden mit der Wiederinbetriebnahme der S-Bahnstrecken nach und nach die Autobuslinien eingestellt, die Hochbauten an den Autobahnen überflüssig und gammeln seitdem vor sich hin. Wir möchten hier die einst über die Stadtautobahn geführten Linien berichten.
Autobahnhaltestellenzugang Jakob-Kaiser-Platz
Die Buslinie A84 wurde am 2.5.1963 eingerichtet und befuhr ab dem 1.10.1969 den 1968 eröffneten ersten Abschnitt (Steglitz - Saarstraße) der Westtangente mit den Autobahnhaltestellen Albrechtstraße, Düppelstraße, und Friedenau. Am 1977 eröffneten Schöneberger Kreuz befindet sich eine Bauvorleistung für die Verlängerung der Autobahn stadteinwärts, die bisher nicht realisiert wurde. Hier befindet sich auch eine bisher nie in Betrieb genommene Haltestelle Sachsendamm im Brückenbauwerk unter dem Sachsendamm. Die seit 1977 auf der gesamten Länge der Westtangente befahrene Linie A84 benötigte eine Fahrzeit von 6 Minuten für den Autobahnabschnitt. Die bis 9/1980 parallel verkehrende von der Reichsbahn betriebene S-Bahn benötigte von den S-Bahnstationen Steglitz bis Schöneberg wie auch seit 2/1985 wieder nur 5 Minuten. Die Autobuslinie 84 wurde mit Wiederinbetriebnahme der S-Bahn (Betriebsführung durch die BVG) neben der Westtangente (2/1985) aus wirtschaftlichen Gründen am 1.5.1985 eingestellt. Im Dokumentenbereich (Sound) befindet sich Tondokument einer Fahrt (Dokument A300)
Die Linienführung über die AVUS (heute A115) zwischen Funkturm und Wannsee wurde direkt als Reaktion auf die bauliche Trennung der Sektorengrenze im August 1961 zwischen Ost- und Westberlin (Mauerbau) festgelegt. Bereits am 7. September 1961 rollten die Autobusse auf der Schnellbuslinie AS4 zwischen dem Bahnhof Zoologischer Garten und Wannsee, Stölpchensee über die AVUS. Haltestellen gab es auf diesen Autobahnabschnitt zwischen dem Autobahndreieck (AD) Funkturm und der Anschlußstelle (AS) Spanische Allee jedoch nicht, da die AVUS quer durch den Grunewald führt. Am 1. Januar 1969 wurde diese Schnellbuslinie in die Linie A66 umbenannt, der Linienverlauf blieb jedoch. Die Gesamtfahrzeit betrug 1980 noch 39 Minuten, vom Zoo bis zum Bahnhof Wannsee dauerte die Fahrt 31 Minuten, davon 10 Minuten für die Fahrt auf der Autobahn. Die Fahrt mit der S-Bahn dauert hingegen nur 20 Minuten. Unüblich war der Busbetrieb auf der AVUS nicht, zahlreiche -Linien verkehrten hier schon jahrelang an Sommertagen oder Sonn- und Feiertagen zwischen Innenstadt und den Ausflugsgebieten (Pfaueninsel, Strandbad) über die Autobahn und lockten die Berliner mit preiswerten Direktverbindungen. Linie A66 nach Stölpchensee am Bahnhof Zoologischer Garten (1979)
Mit der Übernahme des S-Bahn-Betriebes durch den Westberliner Senat wurde diese Linie 66 am 1.Mai 1984 eingestellt. Spuren im Stadtbild von dieser Linie gibt es heute nicht mehr zu sehen.
Im Zuge der schwierigen Bauarbeiten an der Baustelle Innsbrucker Platz, wo die Stadtautobahn durch einen Umsteige U -Bahnhof zweier U-Bahnlinien und einer den Platz querenden Bahnstrecke mit S-Bahnhof gebaut wurde, waren zwischen Detmolder Strasse und Innsbrucker Platz zahlreiche Wegeänderungen für diese Linie in den Jahren 1977/1978 erforderlich. Am 1. Mai 1971 wurde die Linie 65 im Norden zum U-Bhf. Seestraße verlängert. Die Linie 65 wurde ab dem Jakob-Kaiser-Platz über den Goerdeler Damm, der ab Sommer 1973 den Nordring der Stadtautobahn bildete, geführt. Damit befuhr ab 22. August 1973 die Linie 65 den Stadtring auf der gesamten vorhandenen Länge mit den Haltestellen (von Nord nach Süd): Saatwinkler Damm / Beusselstraße - Paul-Hertz-Siedlung - U-Bhf. Jakob-Kaiser-Platz - Spandauer Damm - ICC/Omnibusbahnhof - Rathenauplatz - Hohenzollerndamm - U-Bhf. Heidelberger Platz / Mecklenburgische Straße - Bundesallee / U-Bhf. Bundesplatz - Erfurter Straße. Die Fahrzeit betrug 1980 von U-Bhf. Seestraße bis Neukölln, Schulenburgpark 58 Minuten. Die Fahrt auf dem Stadtring dauerte 20 Minuten. 1979 wurde die Linie zunächst zwischen Hohenzollerndamm und Wexstraße von der Autobahn genommen , ab 1985 aufgrund von Sanierungsarbeiten auf der Autobahn bereits ab Halenseestraße über die parallel verlaufenden Straßen gezogen. 1986 folgte die Abfahrt bereits an der Autobahnabfahrt Kaiserdamm, begründet war dieses ebenso mit Straßenbauarbeiten auf der Autobahn. Auch nach Beendigung der Bauarbeiten (1986) auf der Stadtautobahn verblieb die Linie 65 zwischen Knobelsdorffstraße (Abfahrt Kaiserdamm) und Wexstraße (eine Abfahrt vor dem Innsbrucker Platz) auf den Stadtstraßen. Eine richtige Begründung fand sich dazu nicht, dürfte aber in den zunehmenden Sparmaßnahmen im ÖPNV liegen; die Linie möglichst effektiv durch bewohnte Straßen zu führen, statt auf der unbewohnten Stadtautobahn mit den wenigen Haltestellen. Vermutlich fand die Linie eine bessere Auslastung in der Wegführung durch die Stadtstraßen. Am 2.6.1991 wurden die Buslinien in ein dreistelliges Nummernsystem für den gesamten Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg (VBB) eingeteilt, die alte Linie 65 erhielt nun die Nummer 105. Im Autobahn-Tunnel Innsbrucker Platz liegt mittig eine bis heute nie genutzte Haltestelle der Linie 65, die Haltebucht dient heute als Notbucht für schadhafte Kraftfahrzeuge, der angedachte Treppenzugang bildet heute den Notausgang und mündet im U-Bahn Verteilerebene, wo sie auch leicht zu finden ist. In den Plänen zum Tunnel ist die Haltestelle noch verzeichnet, mit Fertigstellung jedoch nicht benutzt, die Gründe sind uns dazu bis heute nicht bekannt. Vermutlich mangelte es noch an der jahrzehntelangen Fortführung der Stadtautobahn unter dem Reichsbahngelände am Sachsendamm, wodurch die Fortführung zunächst nicht greifbar war. Als die Stadtautobahn weitergeführt wurde, war die Linie 65 bereits von der südl. Stadtautobahn gezogen worden. Fraglich ist auch, welche Umsteigemöglichkeit man zwischen der Linie 84 und 65 herrichten wollte. Mit der Inbetriebnahme des S-Bahn-Südrings 12/1993 wurde die Linie überflüssig und noch im Dezember 1993 eingestellt. Einige Haltestellen auf der Berliner Stadtautobahn sind bis heute sichtbar. Stadtringhaltestelle Rathenauplatz Stadtringhaltestelle “Hohenzollerndamm” bei Eröffnung der Schnellstraße 1960 Aus dem Rathenautunnel kommend: ein Wagen der Linie 65 Richtung Norden
Autobahnhaltestelle Hinckeldeybrücke (2006)
|
|
[Geschichte] [Fahrzeuge] [Linien] [Anlagen] [Bilder] [Foren] [Aktuell] [Links] [Dokumente] [Bücher] [Impressum] |