Omnibus Berlin |
Die Busverbindungen Westberlin / DDR |
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Deutschland und ganz besonders das Berlin der 50er Jahre ist aus heutiger Sicht keineswegs leicht verständlich. Die Westalliierten und die Sowjets feindeten sich seit der Währungsreform 1948 an. Die nach der Bundesrepublik Deutschland (5/1949) gegründete Deutsche Demokratische Republik (10/1949) verschärfte die Kontrolle der Sektoren- und Zonengrenze (ihrer Staatsgrenze) 1949 zunehmend. BVG-Linienbus befährt die Zonengrenze (= Stadtgrenze) Ende 1950 wurden die von Westen führenden zonenüberschreitenden Bus- und Straßenbahnlinien (bspw. Obuslinie 31 , Autobus 5 nach Falkensee und Groß-Glienicke oder die Straßenbahnlinie 96) unterbrochen / umgeleitet, Westberlinern war der Aufenthalt in der Ostzone (jedoch nicht im Ostsektor) verboten. 1952 wurden die Telefonverbindungen zwischen den Stadthälften getrennt. Schließlich wurden 1951 auch die letzten durchgehenden Bus- und einige Straßenbahnlinien (die letzten 3 Linien bei der Straßenbahn 1/1953 zuletzt mit Personalwechsel an der Sektorengrenze) zwischen dem Ost- und Westsektor getrennt. Aufnahme von der Linie A6 an der Endhaltestelle Glienicker Brücke. Im Juni 1953. Mit 14 Wagen wurde der Fahrplan auf der Linie A6 in den Tagen nach dem 17.Juni 1953 verstärkt, da dies einer der wenigen offenen Zonenübergänge nach Westberlin war. Bis 1961 war es hier möglich, zwischen der Straßenbahn auf der Potsdamer Seite über die Kontrollposten auf der Brücke nach Berlin zu wechseln, und mit dem Bus A6 zum Bahnhof Wannsee zu fahren. Die Abbildung wurde aus dem Buch “Berlin und Potsdam, Stadträume im Wandel” entnommen, und kann unter jhk-mail@gmx.de beim Autor für 15,80 Euro bestellt werden. Mit dem Volksaufstand in der DDR am 17. Juni 1953 wurden auch S- und U-Bahnverbindungen für einige Tage an der Zonen- bzw. Sektorengrenze unterbrochen. Damit wurden erste Autobus- Sonderlinien gezielt zur Sektorengrenze eingeführt. Zu nennen ist hier eine Sonderlinie ohne Bezeichnung zum Stadttarif, um aufgebrachte Bürger aus Westberlin zum Ereignisort im Stadtbezirk Mitte heranzufahren. Vom 24.6. bis 4.7.1953 verkehrte diese Sonderlinie vom U-Bhf. Knie (heute Ernst-Reuter -Platz) zum Brandenburger Tor (West), um dem gesteigerten Bedürfnis der Westberliner entgegen zukommen, über die Sektorengrenze einen eigenen Einblick in die Geschehnisse zu erhalten und dort Protest gegenüber der DDR-Regierung zu zeigen. Eine weitere Sonderlinie führte vom 26.6. bis 9.7.1953 von der Pichelsdorfer Str. zur Sektorengrenze an der Heerstraße zum westlichen Teil Staaken, welcher Ostberlin unterstand. Mit dem Bau der Berliner Mauer wurde die Sektorengrenze zunächst eine unüberwindbare Grenze für alle Berliner. Berlin-Potsdamer Platz 11/1961: Der Straßenbahntriebwagen der BVG-West endet wie schon seit 1953 an der Sektorengrenze. Die 1961 errichteten Sperranlagen verhindern nun zunächst allen Berlinern den Übergang, die S-Bahnzugänge sind geschlossen. In den Jahren zwischen 12/1963 und 1972 gab es mehrmalig “Passierscheinabkommen” die zeitlich befristet (wenige Wochen) den innerstädtischen Reiseverkehr ermöglichten. Zu diesen Verwandtschafts- Besuchsaktionen war der Besucherandrang natürlich sehr groß, entsprechend wurden die Schnellbahnzüge zum und vom Grenzbahnhof Friedrichstraße verstärkt, aber auch die Straßenbahn- und Autobuslinien wurden zu den innerstädtischen Übergängen in beiden Stadthälften verdichtet, oder -Linien eingerichtet, jedoch ohne die Sektorengrenze zu überschreiten. Das am 20. Dezember 1971 unterzeichnete Abkommen zwischen dem Senat von West-Berlin und der DDR verbessert die Reise- und Besuchsmöglichkeiten für West-Berliner. Sie dürfen sich nun pro Jahr insgesamt dreißig Tage im Ostteil der Stadt oder in der DDR aufhalten, ohne dies zu begründen. Auch zusätzliche Reisen aus dringenden humanitären und familiären Gründen sind fortan möglich. Aufgrund der beiden Abkommen steigt seit 1972 die Zahl von Besuchen in der DDR ebenso rapide an wie die Reisen von und nach West-Berlin. Da mit dem Bau der Berliner Mauer (8/1961) auch die Verkehrswege des ÖPNV unterbrochen wurden, bedurfte es nun neuer Verbindungen zu und über die 5 Grenzübergänge (GüSt). Der Bedarf war bis 1971 ja nur temporär. Im Berliner Innenstadtbereich war die Anbindung an die wenigen Grenzübergänge recht problemlos, da die vorhandenen Passierstellen durch das vorhandene Verkehrsnetz gut erschlossen waren. Lediglich kleine Anpassungen zu den etwas abgelegenen Kontrollstellen (bspw. Sonnenallee) wurden anfänglich über -Linien von der Ostseite angefahren, auf der Westseite wurde die Linie 65 ab 22.12.1972 entsprechend (anfänglich nur zeitweise) verlängert. Situation in Westberlin, Glienicker Brücke (seit 1949 auf Beschluss des Landes Brandenburg trägt die Potsdamer Brückenhälfte den Titel: “Brücke der Einheit”) um 1970 mit einem offiziellen Straßenschild der Stadt Berlin (West) zur Erklärung der Situation. Problematischer war es, für die Potsdamer Bürger ab 1972 eine Verbindung nach Westberlin zu schaffen. Den Grenzübergang Glienicker Brücke gaben die Behörden nicht für die öffentliche Benutzung frei, er diente nur den Diplomaten und den Alliierten. So blieb lediglich der vorhandene Checkpoint Bravo mit den Autobahnkontrollstellen Dreilinden (West) und Drewitz (Ost) für den Besucherverkehr zu nutzen. Um den nicht motorisierten Besuchern den Übergang über die Autobahn zu ermöglichen, wurde eine Busverbindung der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG-West) und dem VE Kombinat Potsdamer Verkehrsbetriebe eingerichtet. Diese Linie für den ÖPNV über die Transit-Autobahn-Kontrollstelle war in Deutschland allerdings nicht einmalig, auch an den Grenzübergängen zwischen der Bundesrepublik und der DDR (bspw. Herleshausen / Wartha) gab es ebensolche Verbindungen mit dem Autobus (Bahnbus). Die Westberliner Linie 6 endete vor der Glienicker Brücke. Der Grenzübertritt über die Havel in die Bezirksstadt Potsdam war jedoch nur den Alliierten Streitkräften und Diplomaten möglich. Bekannt wurde die “Brücke der Einheit” , wie sie ab 1949 nach einem Kabinettsbeschluss der Landesregierung Brandenburg auf der Potsdamer Seite genannt wurde, durch den mehrmaligen Austausch von Agenten (Personentausch politischer Häftlinge großer Bedeutung) zwischen den USA und dem Ostblock. 1988 gelang ein Durchbruch mit einem LKW nach Westberlin. Die Stadtgrenzen von Potsdam und Berlin verlaufen genau in Flussmitte. Daher befindet sich das jeweilige Ortseingangsschild in Brückenmitte, das DDR-Emblem schmückt den zweiten Brückenbügel. Noch im November 1989 wurde die Linie 6 bis in die Potsdamer Innenstadt verlängert. Heute endet die Linie 316 auf der Potsdamer Seite mit direkter Umsteigemöglichkeit zur Potsdamer Strassenbahn (Linie 93) (lediglich im Nachtverkehr verkehrt die Buslinie N16 zwischen Berlin und Potsdamer Innenstadt)
Bereits zwischen Buß- und Bettag und Totensonntag des Jahres 1953 ist eine Sonderlinie zwischen dem Bahnhof Wannsee via Autobahn nach Drewitz notiert, die dem Westberliner mit Umsteigen eine Verbindung zu den Berliner Stadtfriedhöfen in Stahnsdorf anbot. Die parallel fahrende S-Bahn (Friedhofsbahn) verkehrte im Zeitraum 1/1953 bis 9/1954 wegen Bauarbeiten nicht (so die offizielle Meldung, vermutlich jedoch waren politische Spielereien die wahre Ursache). Daher diese Ersatzfahrten in Abstimmung mit den DDR-Behörden zu den Feiertagen per Autobus. Diese Linie wurde nochmals zum Osterfest vom 16.4 bis 20.4.1954 eingerichtet. Dabei wurde noch die “alte” Autobahntrasse über den ersten Kontrollpunkt befahren. Bus der Linie Wannsee - Stahnsdorf, Totensonntag 1953 am ersten Kontrollpunkt Dreilinden. Abbildung aus dem Buch “Unterwegs in Zehlendorf” von J. Hübner-Kosney (Bezug siehe Quellennachweis am Seitenende) Die bis 1961 zwischen Westberlin und Potsdam sowie Teltow verkehrende S-Bahn erfüllte die geringe Verkehrsleistung zwischen den beiden Städten. Die Passierscheinreglungen zwischen 1963 und 1971 betrafen zunächst nur den Verwandtschafts- Besuchsverkehr zwischen den Sektorengrenzen, also nicht den Besucherverkehr in die Zone. Erst 1972 wurde wieder einer Autobusverbindung zwischen Westberlin und Potsdam eingerichtet. Zunächst zeitlich begrenzt vom 29.3.1972 bis zum 6.4.1972 und vom 15.5.1972 bis 25.5.1972 verkehrte wieder ein BVG-Autobus im Linienverkehr vom Bahnhof Wannsee über die Landesgrenze (neuer Kontrollpunkt Dreilinden) zur Autobahnabfahrt Drewitz. Ab dem 4.6.1972 verkehrte dieser Bus mit der Linienbezeichnung E ständig. An der ersten Autobahnabfahrt (Drewitz, Großbeerenstr., heute Autobahn Parkplatz Stern) wartete ein Autobus im Linienverkehr des VE Kombinat Potsdamer Verkehrsbetriebe auf die Fahrgäste und fuhr weiter in die Potsdamer Innenstadt (Johannes-Kepler-Platz). Dazu wurde eine kleine Bushaltestelle zum Umsteigen vor der Autobahnabfahrt eingerichtet, an der sich auch ein Intershop befand. Die Autobahnabfahrt wurde in den 90er Jahren geschlossen, an dieser Stelle befindet sich heute der Rastplatz Potsdam-Stern.
Der neue Grenzkontrollpunkt Dreilinden (West) mit dem Bus E aus Richtung Potsdam-Drewitz. Abbildung aus dem Buch “Unterwegs in Zehlendorf” von J. Hübner-Kosney (Bezug siehe Quellennachweis am Seitenende) Diese Linie war keinesfalls als normal anzusehen. Sie bedurfte einiger besonderen Vorgaben beider Seiten. So durften ab Ende der 70er Jahre keine Fahrzeuge mit Werbung am oder im Fahrzeug eingesetzt werden. Nach ersten Erfahrungen wurden die Fahrzeuge mit einer höheren Batterie- Leistung ausgerüstet, da die wenigen Minuten Fahrt auf der Autobahn den langen Standzeiten in der Kontrollstelle Drewitz gegenüberstanden. Bus der Linie E Wannsee - Drewitz am Bhf. Wannsee, 1972. Abbildung aus dem Buch “Unterwegs in Zehlendorf” von J. Hübner-Kosney (Bezug siehe Quellennachweis am Seitenende) Das Fahrpersonal meldete sich jeweils per Funk mit dem Überfahren der Stadtgrenze bei der Betriebsleitstelle der BVG-West an und ab, meldete Behinderungen oder Vorfälle auch direkt an die Zollbeamten der Kontrollstelle Dreilinden (West). Während des Aufenthaltes auf dem Gebiet der DDR war der Betrieb des fest eingebauten Betriebsfunkgerätes verboten. Auf den Ausbau bzw. das betriebsuntaugliche Schalten des Gerätes wurde bei diesen Bussen hingegen des Transit- und Einreiseverkehrs verzichtet. Die Fahrzeugpapiere wurden ebenso mitgeführt, was im städtischen Linienverkehr nicht üblich war. Zudem waren die Fahrzeuge seitlich mit der Firmenname gekennzeichnet. Aber auch auf die Auswahl des fahrenden Betriebspersonals musste bei der BVG geachtet werden, Mitarbeiter der BVG-West, die einst aus der DDR geflohen oder ausgebürgert wurden, Mitarbeiter die im privaten Kreise Probleme mit den DDR-Behörden hatten (bspw. offene Strafverfahren oder strafrechtlich verfolgte Tätigkeiten ausübten wie Fluchthilfe), durften nicht dem Risiko abgewiesen oder verhaftet zu werden ausgesetzt werden. Personal und Fahrzeuge waren dem damaligen Autobus Betriebshof Zehlendorf in der Winfriedstr. zugeordnet. Die Linie wurde intern als 504 bezeichnet und wurde immer im Einmannbetrieb gefahren. Abdruck des Fahrplans aus dem Jahr 1977 (Sammlung Berliner Verkehrsseiten) Die Fahrzeuge für den speziellen E-Linienverkehr hatten im Betriebshof Zehlendorf (Z) ihren eigenen, festen Standplatz, um die Fahrzeuge sogleich nach dem Abstellen an das Batterie- Ladegerät anzuschliessen. Bedingt der technischen Veränderungen und dem Werbeverbot an und in den Fahrzeugen gelangten diese Fahrzeuge nur in Ausnahmefällen in den normalen Liniendienst (bspw. SMOG- Alarm). Da die Wagen nur die für den Sondereinsatz erforderlichen Fahrziele anzeigen konnten, war der Einsatz nur mit Zusatzschildern im Linienbetrieb möglich. Aufnahme rechts am Standplatz in der Wagenhalle Betriebshof Z. Ein Blick auf die Seite: die damals nur auf ausgewählten Fahrzeugen vorhandene Firmenkennzeichnung, da das Fahrzeug das Land Berlin (West) regelmässig verlassen hat. Aufnahmen im Betriebshof Zehlendorf 1986
Diese Buslinie konnte von allen Bürgern benutzt werden, überwiegend wurde sie jedoch von Bürgern der DDR genutzt. Entsprechend gering waren hier stets die Tageseinnahmen der Kasse, denn Bürger der DDR und Ostberlin fuhren mit dem DDR-Reisepaß in Berlin (West) kostenlos in den öffentlichen Verkehrsmitteln. Für die Bürger der Stadt Berlin (West) war die Nutzung zum Normaltarif (erkennbar am Liniensymbol E ) möglich, obwohl die Linie das Tarifgebiet verlassen hat. Zeitkartenbesitzer hatten ebenso eine Fahrtberechtigung wie bei einer normalen Stadtlinie. Auf den Fahrplänen war der Hinweis zu lesen: Überprüfen Sie bitte vor Fahrtantritt, ob Sie im Besitz gültiger Einreisepapiere sind. Wurden diese vergessen, waren sie ungültig oder der Fahrgast war als Besucher in der DDR nicht erwünscht, endete die Fahrt in der Grenzkontrollstelle Drewitz (Ost), die Rückfahrt erfolgte dann mit dem Bus der Gegenrichtung. Fehlte nun auch noch das Bargeld zur Entrichtung des Fahrscheines zur Rückfahrt, musste die BVG den verlorenen Fahrgast “pflichtbefördern”. Die Linie E verlief eigentlich nicht fern auf fremden Gebiet. Wenige Meter von der Endhaltestelle Drewitz entfernt liegt die Wuste Mark, ein Ackerland welches bis 1988 zu Westberlin gehörte und landwirtschaftlich bewirtschaftet wurde.
Am 1. Mai 1988 (Fahrplanwechsel) wurde die Linie E (intern 504) umbenannt in die Linie 99. Damit hob man den besonderen Status der Auffälligkeit auf, und verwies auf die Normalität des Linienbetriebes. Wurde doch in den Jahren zuvor das Liniensymbol E mehr für den Sonder- und Veranstaltungsverkehr im Stadttarif genutzt, war die Einreihung in das normale Liniennummernsystem längst überfällig. Die späten Fahrtlagen der Linie sind in der Regelung begründet, dass Tagesreisen bis spätestens 2 Uhr am Kontrollpunkt zu beenden sind. Mit der überraschenden Änderung der Reisebestimmungen (zunächst nur für die Bürger der DDR) am Abend des 9. November 1989 veränderte sich das Verkehrsaufkommen schlagartig.
Letzter Fahrplan der Linie 99 vor dem Fall der Berliner Mauer: Winterfahrplan 1989/90 wenige Wochen vor Aufhebung der Reisebestimmungen für die Bürger der DDR und Berlin (Ost). In den Tagen nach der Verkündung der Reisebestimmungen wurde die Linie 99 mit der Zubringerlinie der Potsdamer Verkehrsbetriebe von der Autobahnabfahrt Drewitz in die Potsdamer Innenstadt zusammengelegt, und gemeinsam betrieben. Mangels Fahrzeugen, die keine Werbung trugen, schickte die zuständige Betriebsleitung der BVG-West einfach die ersten Doppeldecker mit der üblichen Reklame, entgegen jeglicher Absprachen. Nachdem diese von den Kontrollorganen der GüSt Drewitz nicht zurückgewiesen wurden, musste fortan nicht mehr auf den besondern Wagenpark der Linie geachtet, die speziell vorgehaltenen Eindecker waren nicht mehr auf dieser Linie gesehen. Autobusse des amerikanischen Linienverkehrs RTO wurden ebenso auf der Linie in den Novembertagen zur Verstärkung eingesetzt. Genau 40 Stunden nach Verkündung der Reiseerleichterungen für DDR-Bürger im November 1989 dieses Bild am Bahnhof Wannsee: Doppeldecker mit Werbung bedienen gemeinsam mit dem VE Kombinat Potsdamer Verkehrsbetriebe die BVG-Linie 99 (Linie 6 erst ab dem 14.11.89) zum Busbahnhof Potsdam (Bassinplatz) 1991 wurde die Linie 99 im neuen dreistelligen Nummernsystem als 113 bezeichnet, und mit der Wiedereröffnung der S-Bahn von Wannsee nach Potsdam 4/1992 nach fast auf den Tag genau 20 Jahren am 2.4.1991 eingestellt. Heute erinnert im provisorischen Depot des Deutschen Technikmuseums Berlin (leider nur an den Sonntagen im September zugänglich) der Büssing - Erster Wagen des Typs E2H für die Berliner Verkehrsbetriebe (Wagen 2000) aus der einstigen, stolzen Museums-Sammlung Britz neben einer Haltestelle mit dem bekannten Zusatzschild “Zubringerbus nach Drewitz (DDR)”. Gefahren ist der Wagen 2000 nach unseren Kenntnissen nie zu diesem Ziel. Endstelle Autobahnabfahrt “Potsdam-Babelsberg”. heute befindet sich hier die Autobahnraststätte “Potsdam-Stern”. Die Arbeitsgemeinschaft Traditionsbus (ATB) veranstaltete im Juni 2011 eine Sonderfahrt zu dieser Raststätte in Anlehnung der damaligen Linie E (504). Weitere Bilder der Sonderfahrt finden Sie unter ”Bilder”.
Diese Linie E (intern 505) wurde erst sehr spät eingerichtet. 1982 fuhren hier die ersten Linienbusse im Stadttarif über den neu eingerichteten Autobahn-Grenzübergang Heiligensee. Die Autobahn endete jedoch bis 1987 direkt hinter der Stadtgrenze, so die Fahrt ab der Grenzübergangsstelle Heiligensee (West) über die Ruppiner Chaussee führte. Wie auch bei der Linie E (504) zwischen Wannsee und Drewitz endete die Fahrt nach der ersten Autobahnabfahrt, wo der Anschlußbus der dortigen Verkehrsbetriebe (VE Verkehrskombinat Frankfurt/Oder) die Fahrgäste übernahm und zum Bahnhof Hennigsdorf weiterfuhr. Im Betriebsablauf unterscheiden sich die beiden Linien nicht, ebenso durften hier keine Fahrzeuge mit Werbung eingesetzt werden, und die BVG-Fahrpersonale mussten von der Personalabteilung vorab befragt werden, ob sie Schwierigkeiten bei der Einreise zu befürchten hätten, bzw, dieses bei Veränderung sofort melden, damit sie nicht in diesen Dienst eingeteilt werden. Ab 1987 führte die Linie E (505) bereits ab der Autobahnauffahrt Waidmannsluster Damm auf die heutige A111 zum Kontrollpunkt Heiligensee, mit Halt auf der Schnellstraßenausfahrt Schulzendorfer Str. 5/1988 erfolgte wie auch bei der Drewitzer Linie der Verzicht auf die Sonderstellung der Linie, und wurde fortan als Linie 98 geführt.
Fahrplan Winter 1989/1990 für die Linie 98 U-Bhf. Tegel - Autobahnabfahrt Stolpe mit Anschluß nach Hennigsdorf. Der hier ab Oktober 1989 gültige Fahrplan wurde nicht lange gefahren. Die Ereignisse im November 1989 bescherten auch dieser Linie eine große Angebotsnachfrage. Zusammen mit dem Kraftverkehr Frankfurt/Oder wurde diese Linie schon am 10. November 1989 gemeinsam zum S-Bhf. Hennigsdorf betrieben, eine weitere Linie mit der Bezeichnung E verkehrte vom U-Bhf. Tegel nach Oranienburg. Die Busverbindung 224 später 824 zwischen Tegel und Hennigsdorf (allerdings nicht von der BVG betrieben) blieb bis zur Wiedereröffnung der parallel führenden S-Bahn 12/1998 bestehen.
-> Linie E (524) U-Bhf. Tegel - Oranienburg im Januar 1990 verkehrte ab 17.11.1989 (Fahrzeiten siehe Dokument Nummer 170)
Hinweis zu den Anschlußbussen ab Drewitz und Stolpe aus dem Fahrplanbuch Winter 1989/90 der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG)
Eine weitere Linie, die von Westberlin hinaus in die DDR führte, war die 1963-1990 von der Ostberliner BVB betriebene Verbindung zum Zentralflughafen Berliner Schönefeld. BVG-Ost im Liniendienst nach Westberlin (1968), Haltestelle Reisebüro Helios in der Uhlandstraße mit Wagen 566 (Fleischer S2 RU, Baujahr 1966-71, ex S3) Für die Fluggäste des internationalen Verkehrs wurde 1963 der zusätzlicher Grenzübergang ”Walterdorfer Chaussee” eingerichtet. Die BVG-Ost richtete im Auftrag des Verkehrsministeriums eine Zubringerlinie zwischen dem Zentralflughafen und dem Hotel Arosa in Berlin Charlottenburg (Lietzenburger Str.) ein. Ab 5/1966 wurde der zentrale Omnibusbahnhof (ZOB) am Messegelände (Westberlin) angefahren, mit Halt am Reisebüro Helios an der Uhland- Ecke Güntzelstr, in Berlin-Wilmersdorf (Westberlin). Der Fahrpreis betrug 5 DM DBB ( Deutsche Mark der Deutschen BundesBank), es wurden besondere Fahrscheine ausgegeben. Die verwendeten Reisebusse unterstanden der BVG-Ost (Betriebshof Treptow, Elsenstraße) und waren dem Fahrzeugwagenpark “Ausflugsverkehr” entnommen. In den frühen 60er Jahren war der Typ Robur-Kleinbus auf der Route, bis Anfang der 70er Jahre Ikarus 55, bis 1990 ein Ikarus 250 in weiß/roter Lackierung, ohne Firmenanschrift, Liniennummer oder BVB-Eigentumsmerkmal, selten eine Zielangabe “Transit” oder “Flughafen Schönefeld”.
<-- Abbildung links: Fahrplan Zubringerbus aus dem Interflug- Flugplan 1976 Zu den Passierscheinaktionen wurden mehrfach Verstärkerwagen zwischen Bahnhof Schönefeld und der GüSt Waltersdorfer Chaussee (Ostseite) gefahren, die Benutzung dieser Wagen war zum Normaltarif möglich. Die Benutzung der Sonderlinie mit Sondertarif war für die Fluggäste völlig unproblematisch. Ab dem Flughafen Berlin-Schönefeld boten sich zahlreiche Ziele an, die von Berlin-Tegel oder Berlin-Tempelhof nicht direkt erreichbar waren. Speziell ost- aber auch einige westeuropäische Städteverbindungen waren der Schwerpunkt (Prag, Budapest, Wien), der von vielen kundigen West-Berlinern angenommen wurden. Zudem lagen die Flugpreise unter den westlichen Fluglinien ab den beiden Verkehrsflughäfen in Westberlin. Mehr als nachvollziehbar, dass die Betreibergesellschaften über die Handwerkskammer und direkt auf den Westberliner Senat darauf drängten, diese Verbindung zu verbieten. Jedoch war es nicht möglich, aufgrund der rechtlichen Lage diese Linie zu verbieten. Dünn war die Argumentation seitens des Senats, für den Linienbetrieb innerhalb Berlins wäre eine Konzession erforderlich. Da nur ein Zielpunkt in Berlin lag, eine Fahrgastbeförderung innerhalb Berlin nicht durchgeführt wurde, fehlte der richtige rechtliche Ansatz für ein Verbot. Am 1.9.1980 wurde ein zusätzlicher Halt im Süden der Stadt auf dieser Linie eingerichtet: Auf dem Güterbahnhof Tempelhof, der zum Reichsbahnamt 4 gehörte und dessen Verwaltung dem Verkehrsministerium der DDR unterstand, wurde eine Haltestelle mit Wendeschleife angelegt. Der Westberliner Senat war aufgefordert hier einzuschreiten. Zwar wurde mit dieser Haltestelle keine öffentliche Fahrgastbeförderung innerhalb Westberlins angeboten, jedoch ist die Einrichtung einer Haltestelle genehmigungswürdig durch die zuständige Landesbehörde Westberlin. Das Reichsbahngelände war kein exterritoriales Gebiet , auf dem das Recht der DDR Anwendung fand, auch wenn das die Lesart der DDR gewesen ist. Dem Westberliner Senat war es jedoch nicht möglich, der Ostberliner BVB es zu verbieten, mit einem Bus Personen abzuholen, die in Westberliner Reisebüros Flugtickets gekauft haben und den Flughafen Schönefeld erreichen wollten. Wirtschaftliche Interessen der Flugbetreiber in Berlin-Tegel standen hier den freiheitlichen Interessen der Stadt Berlin (West) gegenüber, die schliesslich nie den Eindruck erwecken wollte, Wege in die DDR zu blockieren. Die am 16.10.1980 auf Anordnung des Berliner Senats auf dem Güterbahnhof Tempelhof entfernte Haltestelle wurde natürlich auch ohne dem Haltestellenzeichen nach StVO angefahren. Fahrschein der BVB-Sonderlinie zwischen Westberlin und Schönefeld Mit dem Fall der Berliner Mauer änderten sich die Zeiten wieder. Ab Juli 1990 wurde die Linie zwischen Funkturm und Flughafen Schönefeld vermutlich aufgegeben, denn es verkehrte nun eine BVG- - Linie zwischen dem Flughäfen Berlin -Schönefeld und Berlin-Tegel mit Halt in der Innenstadt (West) zum Sondertarif. Mit den zunehmenden Verkehrsverbindungen zwischen den beiden geteilten Stadthälften verlor auch dieser Zubringerdienst seine Bedeutung, die Reisezeit war zu lang. Ab Februar 1991 verkehrte diese -Linie nur noch zwischen dem Flughafen-Tegel und dem Wittenbergplatz zum Sondertarif, ab April 1991 wurde auch dieser Abschnitt eingestellt. BVB- Airport - Transfer: Tegel - City: 7 DM (erm. 5 DM), City - Schönefeld 10 DM (erm. 7 DM) und Tegel - Schönefeld: 15 DM (erm. 10 DM). Fahrzeuge hier auf der Abbildung: Der BVG-Metroliner (Prototyp der Firma Neoplan, Kunststoffaufbau) und ein IKARUS der BVB in dafür spezieller Lackierung Airport - Transfer. Fahrzeit TXL - SXF: 90 Minuten! Die BVB betrieb dafür ab dem 1.7.1990 die Airportlinie zwischen dem Flughafen Schönefeld und der ostberliner Innenstadt (Unter den Linden, Friedrichstr.), die jedoch schon am 11.8.1990 mangels Nachfrage aufgegeben wurde. Der Flughafen Berlin-Schönefeld wurde ab November 1989 zusätzlich mit einer Stadtbuslinie E (520) zum Normaltarif nach Westberlin verbunden. Ab September 1990 übernahm die Linie 59 der BVG-West diese Aufgabe zwischen U-Bhf. Rudow und dem Flughafen Schönefeld. Hier auf dem Bild durchfährt ein Wagen vom Typ SD auf der Linie 59 gerade die ehemalige Zonengrenze Waltersdorfer Chaussee. Berlin wird normal. Der erste Wahlkampf nach der Einheit Deutschlands (12/1990) hat auch hier seine Spuren hinterlassen. Allerdings lässt sich das Kreuz auf dem Stimmzettel für den Kanzler der Einheit, entgegen der Reklame auf dem Bus, nicht mehr korrigieren!
Zwischen 1951 und 1989 gab es überhaupt keinen Autobus-Linienverkehr zwischen Ost- und Westberlin. Lediglich die Schnellbahnen verbanden die beiden Stadthälften direkt miteinander, der Bahnhof Friedrichstraße war ein wichtiger Umsteigebahnhof des Westberliner Schnellbahnnetzes, jedoch in Ostberlin gelegen. Straßenbahn- und Omnibuslinien führten nur an die Grenzübergangsstellen an der Sektorengrenze heran. Die folgende Abbildung soll den Stand von 1985 zeigen, welche schwache Verbindung die Stadt Berlin (West) über die 12 Grenzübergangsstellen zum Umland und nach Ostberlin hatte. Mit der plötzlichen Verkündung von Reiseerleichterungen für DDR-Bürger am Abend des 9. November 1989 durch das Politbüromitglied Günther Schabowski veränderte sich binnen weniger Stunden das Land. Noch in der Nacht zum 10. November 1989 erlebte Westberlin wie auch die Städte und Gemeinden an der westdeutschen Grenze einen enormen Besucheransturm. Über Nacht arbeitete die BVG-West Pläne für die folgenden Tage aus, speziell mit dem Blick auf das nahende Wochenende , wo mit besonders vielen Besuchern aus der DDR gerechnet wurde. In kurzfristig angesetzten Arbeitstreffen der Stadt mit Vertretern der Deutschen Reichsbahn, der Ostberliner BVB, den Potsdamer Verkehrsbetrieben sowie den Kraftverkehren im Umland wurden binnen weniger Tage neue Linienverbindungen geschaffen. Das nebenstehende Informationsblatt wurde am 23.11.1989 entworfen, und zeigt die ersten verkehrlichen Anpassungen an den zusätzlichen Verkehrsbedarf. Die Verkehrstips an die Fahrgäste lassen erahnen, welche Verkehrsbewegungen die Verkehrsunternehmen rund um und in Berlin zu leisten hatte. Mit heutigen optimierten Fahrzeugvorhaltungen und Personaleinsparungen wäre ein derartiger, leistungsfähiger Betrieb nicht im Ansatz über Nacht realisierbar.
-> Siehe dazu auch die beiden Sonderseiten in der Rubrik “Bilder” zum Thema Sonderverkehr im Herbst 1989 Die Verkehrsentwicklung im Herbst/Winter 1989 war schnell. Besonders beim Bereich Autobus, da hier die Linien binnen weniger Stunden über die neuen Übergangsstellen eingerichtet werden konnten. Um einen Eindruck der damaligen Zeit vermitteln zu können, ist hier ein Informationsblatt vom 15.12.1989 der BVG-West im PDF-Format abgelegt (6 Seiten 6,3 MB). Aufgeführt sind die Fahrpläne der zunächst 9 grenzüberschreitenden Autobuslinien: Die Linienentwicklung zwischen November 1989 und Sommer 1991 ist sehr umfangreich. Zur Vertiefung der einzelnen Linien, wann welche Verbindung unter welcher Linienbezeichnung und wohin führte, bitten wir der untenstehenden Quelle (Linienchronik der Berliner Verkehrsblätter) zu entnehmen. Die Freifahrt unter Vorlage des DDR-Reisepaß wurde im Januar 1990 aufgehoben. Bis zur Währungsunion im Juli 1990 konnten an Verkaufsstellen der BVB Einzelfahrausweise im Vorverkauf gegen Mark der DDR (M) erworben werden. Zur berechtigten Nutzung war allerdings die Vorlage eines gültigen Reisedokuments erforderlich, was jedoch in diesen Zeiten den Mißbrauch nicht schützte. Mehrkosten, die den Verkehrsbetrieben im Zeitraum 11/89 bis 9/90 durch den Besucherverkehr entstanden, wurden nie veröffentlicht. Derartige Fahrgastzahlen wie in diesem Zeitraum wurden nie wieder bei den Verkehrsmitteln der BVG oder S-Bahn Berlin (Deutsche Reichsbahn) erreicht.
Erste innerstädtische Omnibus- Linienverbindungen seit 1953 bildeten ab dem 12.April 1990 die drei E-Linien (131, 132, 133). Da die BVG-West mit ihren Fahrzeugreserven innerhalb von Westberlin sowie den neuen Verkehrsangeboten in das Umland an ihre Grenzen stieß, übernahm die Ostberliner BVB die Fahrleistung der innerstädtischen Verbindungen.
In der Frontscheibe auf dem orangen Zusatzschild steht: “Kein Fahrscheinverkauf” Den BVB-Personalen war es bis 7/1990 nicht möglich, Fahrscheine gegen Westgeld zu verkaufen. Mit der Währungsunion am 1. Juli 1990 fiel die Zollgrenze zwischen den Deutschen Staaten, Berlin wurde ein Stück normaler. Im Sommer 1990 wuchs das Omnibusnetz langsam normal zusammen. Mit der Einheit Deutschlands am 3. Oktober 1990 endet die Geschichte der grenzüberschreitenden Linien. Normalität ist seitdem in Berlin eingezogen, desto wichtiger ist es solche Erinnerungen wachzuhalten, wie unnormal das Wechseln der Stadt- und Bezirksgrenzen einst gewesen ist. Auch um die außerordentliche Verkehrsleistung der damals beteiligten Verkehrsbetriebe und seinen Mitarbeitern zu würdigen.
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