U-Bahn Berlin |
Der Schienenschleifzug 1294 / 1295 / 1296 |
Der starke Fahrbetrieb hinterlässt auch auf den Stahlschienen seine Spuren, bedingt durch verschiedene Faktoren. Es entsteht eine leicht wellige Oberfläche auf dem Schienenkopf (Riffelbildung). Eine wellige Schienenoberfläche verursacht ein vibrieren im Fahrgestell, verursacht eine höhere Lärmbildung (singen) und ein schwächeres Bremsverhalten (Verminderung der Haftung zwischen Rad und Schiene). Schleifzug Baujahr 1970, Wagen 1294 - 1296 Der alte Schleifzug von 1935 wurde 1970 durch den Schleifzug 1294-1296 ersetzt. Der neue Schleifzug für das Kleinprofilnetz (West) entstand in Eigenleistung der BVG (Hw Gru) aus den drei A1-Wagen Bw 298 (Arbeitszugnummer: 1295), Tw 1I (1294) und Bw 299 (1296). Der Tw (Triebwagen) ist während der Fahrt unbesetzt, hatte jedoch zur Erhöhung des Reibungsgewichtes (Schubgewicht) eine Zuladung von 4000 kg erhalten. Die Schleifwagen verfügen über 4 x 650 = 2600 kg Wasser für den Schleifvorgang zzgl. max. 650 kg für Begleitpersonen je Wagen (max. 10 Personen pro Schleifwagen). Der Triebwagen wurde mittig gekuppelt, der Fahrstand stillgelegt. Die beiden Schleifwagen, vormals Beiwagen, erhielten jeweils am Wagenende einen Fahrstand, von dem der mittlere Triebwagen angesteuert wurde. Abb.: Der Triebwagen 1 mit deaktivierten Fahrstand und Zuggewicht in den Längsbänken. Erkennbar die Stromabnehmer an beiden Drehgestellen (mittig der Achsen). Der Triebwagen ist mit 4 Fahrmotoren Dy 771a (Nenndaten: 750 V GS, 60 kW, 89 A, 910 U/min, Übersetzung: 5 ,53:1) ausgerüstet. Die Starkstromschaltung ist grundsätzlich beibehalten worden. Hinzugekommen ist eine komplette 750/110 V Gleichstrom Umformeranlage mit Pufferbatterie für die Versorgung der Schleifeinrichtung. Eine neue Fahrsperren- Brems- und Signalanlage, sowie eine gegenseitige Verriegelung der Fahrschalter in den Schleifwagen, um eine gleichzeitige Ansteuerung des Richtungswenders von beiden Fahrschaltern aus zu verhindern. Außerdem waren zur Auswechslung der Scheifsteine an jedem Drehgestell der Schleifwagen Doppelleuchten angebracht, die von der Schalttafel aus geschaltet werden konnten. Abweichend war auch die anordnung der Stromabnehmer: der Triebwagen erhielt 4 Stromabnehmer, an jedem Drehgestell rechts und links je einen, die beiden Schleifwagen dagegen keine, um eine fahrspannungsfreie Zugangsmöglichkeit im stromschienenfreien Bereich an der Schleifeinrichtung zu ermöglichen. Abb.: Maßzeichnung der beiden Schleifwagen. Erkennbar die Wasserbehälter zur Kühlung der Schleifsteine anstelle der mittigen Längsbänke. In den Drehgestellen sind die Schleifvorrichtungen zwischen den Achsen erkennbar (vergleiche Zeichnung vom Triebwagen ohne Schleifeinrichtung). Der Arbeitszug wurde mit 2 Fahrsperren-Einrichtungen, der magnetischen und mechanischen, ausgerüstet. Der Triebwagen erhielt einen Zusatzschalter am Richtungswender. Dadurch wurde, abhängig von der Fahrtrichtung, jeweils nur die Fahrsperre im führenden Wagen aktiviert. Die mechanische Fahrsperre in den Schleifwagen wurde von den A3-Wagen übernommen, die Einrichtung des Triebwagens wurde ausgebaut. Die Erprobung des Zuges erfolgte im Oktober 1969 zwischen Olympia-Stadion und Neu-Westend. Beim Überfahren eines Halt zeigenden Signals wurde durch Auslösung der mechanischen oder magnetischen Fahrsperre die Spannung zum Fahrsperrenvorrelais unterbrochen. Dieses Relais fällt ab und unterbricht die Zuleitung zum Notbremsrelais, sodass auch dieses abfällt. Hierdurch bedingt, fällt das Steuerstromrelais und somit auch das Steuerstromschütz ab, ausserdem wird die Leitung zum Bremsventil unterbrochen. Der Motorstrom wird abgeschaltet sowie die Druckluft-Schnellbremse eingeleitet. Abb.: Kleinprofil-Schienenschleifzug 1294 - 1296 abgestellt in der Bw Gru Die Schleifwagen wurden mit einem Geschwindigkeitsüberwachungssystem ausgestattet, sodass die zulässige Geschwindigkeit (Vzul) von 40 Km/h nur bis 42 Km/h überschritten werden könnte und dann selbsttätig abbremste. Die Schleifeinrichtung jedes Schleifwagens besteht aus 8 Rutschern (Schleifschuhe) mit je einem vor und hinter dem Rutscher angeordneten Bewässerungsrohr, von denen immer nur die in Fahrtrichtung vor dem Rutscher befindlichen geöffnet wurden. Die Wasserversorgung der Schleifeinrichtung übernehmen vier im Schleifwagen eingebaute Behälter mit je 850 Liter Wasser. Zwei diagonal-gegenüberliegende Behälter haben Mannlochverschlüsse, die zum Füllen benutzt wurden. Ein Wasserstandsanzeiger zeigte stets den Wasserstand. Um ein Überschwappen während der Fahrt zu vermeiden und das Gesamtgewicht nicht zu überschreiten, könnten die Behälter nur mit 650 Liter tatsächlich befüllt werden. Eine rote Markierung am Wasserstandsanzeiger markierte diese maximale Beladungsgrenze.
Die Rutscher (auch Schleifschuhe genannt) wurden durch Bremszylinder auf die Schienen gedrückt. Die Druckluftversorgung dieser Zylinder (und der Betriebsbremse) übernahmen die in jedem Wagen vorhandenen Luftkompressoren. Schleifeinrichtung und Bewässerung waren seitengetrennt, sodass der Zug bedarfsgerecht beidseitig oder einseitig arbeiten konnte. Das Absenken der Rutscher war nur während der Fahrt bei den Fahrschalterstellungen 5 oder 10 (Fahren ohne Anfahrwiderstände) erlaubt und möglich. Wurde während der Arbeitsstellung “Schleifen” auf eine andere Fahrstellung gewechselt, entwich sofort aus der Druck aus der Schleifleitung und der wählbare Schleifandruck von 0 bis 2,75 atü musste für die nächste Arbeitsstellung neu eingestellt werden.
1982 erfolgte die Ablösung des Arbeitszuges durch die SB82, eine Arbeitsmaschine von der Schienenspezialfahrzeugfirma Plassner&Theurer, die sich auf derartiges Arbeitsgerät spezialisiert hat. Auch im Großprofil endete mit dem Einsatz der SB82 der Schienenschleifzug aus alten umgebauten Fahrzeugen, da etwa 1977 die Gleisverbindung zwischen dem Groß- und Kleinprofil zwischen der Deutschen Oper und dem Richard -Wagner-Platz innerbetrieblich bereits nutzbar war.
Der Schleifzug 1294 - 1296 wurde 1987 abgestellt und in den Jahren 1988/1989 zerlegt. Die Vorgängerfahrzeuge sind vermutlich auch nach Ausserdienststellung zerlegt worden, Aufzeichnungen dazu finden sich jedoch nicht. Quellen und weiterführende Literatur:
Text: M. Jurziczek 8/2004 |
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