Die Pfaueninsel

Die Pfaueninsel

Das Palmenhaus auf der Pfaueninsel

 <-- Auszug aus dem Gemälde von C.D. Freydank (1839)

Von 1829 bis 1831 liess König Wilhelm III. das großartige Palmenhaus errichten. Bei der Errichtung des Pflanzenhauses haben zwei besonders glückliche Umstände eine Rolle gespielt. Ein Franzose namens Foulchiron beabsichtigte seine Palmensammlung, die als eine der besten in Europa galt, zu verkaufen. Der Direktor des Botanischen Gartens in Berlin (von 1679 bis 1897 im heutigen Kleistpark gelegen) machte dem König auf diese Gelegenheit aufmerksam. Dieser zögerte nicht lange und ließ die Sammlung ankaufen. Er beorderte sie jedoch nicht in den Botanischen Garten, sondern befahl den sofortigen Bau eines gesonderten Palmenhauses auf der Pfaueninsel. Unabhängig von der privaten Palmensammlung hatte der König eine aus altbirmanischen Marmor bestehende Pagode gekauft, die ein englischer General aus Bengalen mitbrachte. Die Aufstellung war ursprünglich im Park der Pfaueninsel vorgesehen, ein Entwurf dazu lag bereits vor. Der Kronprinz schlug aber vor, den Kiosk beim Bau des Palmenhauses zu verwenden und der Hofbaumeister Schinkel nahm diesen Gedanken sofort auf und ließ ihn durch seinen Schüler Schadow ausführen. Dieses Gartenhaus mit fremdartigen Gewächsen aus aller Welt versetzte jeden Besucher in Staunen. Das Palmenhaus galt als Hauptanziehungspunkt für die Insel, besonders nach dem Abzug der Tiere in den Berliner Zoologischen Garten.

Der Maler Karl Blechen erhielt sogleich mit Fertigstellung des Gebäudes den Auftrag, zwei Bilder vom Innern des Gebäudes zu erstellen.

                           

Von Karl Blechen 1834 gemalte Bilder aus dem Innern des Palmenhauses, gelten als bekannteste Werke des Künstlers mit der Fächerpalme in der Mitte. Die Originale können heute auf der Museumsinsel in Berlin betrachtet werden.

Man erwähnte die Rückwand des Hauses, die hier einen nischenartigen Ausbau in Form einer Loggia erhielt zur Aufstellung des Kiosk. Zu diesem halbkreisförmigen Ausbau führten vom Innern ein paar Stufen und man betrat dann durch Türen den in schneeiger Weiße glänzenden Kiosk. Die einzelnen netzartig durchbrochenen weißen Marmorplatten wurden durch zierliche Goldleisten aneinander gehalten. Ein kleines Marmorbassin in der Mitte mit einem Springbrunnen und Goldfischen, eingefasst von allerlei Blattpflanzen, erhöhte den fremdländischen Reiz , der etwa an die Alhambra bei Granada erinnerte. Über der Loggia wurde ein Balkon angebracht, der von nachgeahmten indischen Säulen getragen wurde, die ihrerseits aus Blumenkelchen erwuchsen und in Spitzbogen zusammenrankend die Decken hielten.

Auch der übrige innere Ausbau des Palmenhauses, das aus Holz und Glas ausgeführt war, passte sich ganz dem Stil der Pagode an, alle Säulen, jeder Pfeiler und jedes Ornament war nach indischer Art ausgeführt. Das Haus hatte eine Frontlänge von 34,50 Metern, eine Tiefe von 14 Metern und eine Höhe von 14 Metern und war außen im Gegensatz zu dem Innern einfach und streng gehalten. Rechts und links neben der Loggia waren Räume für Wirtschaftszwecke vorhanden. [4-33]

Grundriß des Palmenhauses auf der Pfaueninsel, 1852  Abb. aus [4-Abb19]

Die Umgebung des Palmenhauses bereitete schon auf das Innere vor. In größeren und kleineren Gruppen standen hier neben den Götterbäumen (Ailanthus glandulosa) Pflanzen mit ausgezeichneten Blattformen. Zur linken die breiten buchartigen dreiteiligen Blätter der Riesenbärenklau (Heracleum giganteum), die großblättrigen rotstilligen Alkermes, der glänzende Wunderbaum (Ricinus communis) mit seinen Schrimen, dazwischen neben den anderen der graue Tabak (Nicotiana glauca), vorn der brasilianische Mangolg mit seinen reich gefärbten breiten Blattrippen auf dem Grase ruhend. Dicht vor dem Hause wuchsen ovale Gruppen bildend, zwischen den üppigen schön geformten Blättern des indischen Blumenrohres (Canna Arten) die hohen Halme des italienischen Rohres (Arundo donax) empor. Die solberweißen akanthusförmigen Cardi (Cynara cardunculus), die Onoprdon (Onopordon illyricium) und andere, von kalifornischen Schotenmohn (Eschscholzia californica) umgeben, breiteten ihre Formen in zwei runden Gruppen auf dem Rasen aus.

Innen in der Mitte des Palmenhauses stand die Fächerpalme von der Insel Bourbon (Latania borbonica). Die Zahl ihrer Blätter, die Ausdehnung und der ganze Bau machten sie zur Hauptpflanze der ganzen Sammlung. In zierlichen Bogen hielten die langen Blattstiele tief eingeschnittetene und herabhängende steife Fächer nach allen Richtungen hin; sie wurde 1805 in Toulon aus Samen gezogen.Eine weitere Fächerpalme, eine reiche Krone kleiner Wedel auf einem 3,5 Meter hohen Stamme tragend, die einzige europäische Palme (Chamaerops humilis) stand vor dem Mittelwege auf der Ostseite. Es läßt sich nachweisen, dass die Pflanze schon damals seit 250 Jahren in verschiedenen erzbischöflichen und anderen Gärten am Rhein gepflegt und schließlich als Geschenk des Bonner botanischen Gartens auf die Insel gebracht wurde. Man schätzte ihr Alter auf 300 Jahre. Weitere große Pflanzen wie Dattelpalmen, Lianen, japansiche Fächerpalmen, Kaffernsago, Elefantenfuß, Ananas, Drachenblutbäume, Bananenbäume, Litschi, Gewürzbäume, Kaffeebaum und vieles mehr fand seinen Platz im beheizbaren Palmenhaus. [4-36, -37]

Gläserne Seitenansicht mit erstem Entwurf zur Kuppel  Abb. aus [4-Abb18]

Die Gewächse im Palmenhaus waren unter der sorgsamen Pflege des berühmten Hofgärtners Fintelmann üppig gediehen. Die mächstigste unter den Palmen hatte das Glasdach erreicht und es wurde, um dieser immer höher strebenden Pflanze Raum zu schaffen, von dem Hofbau -Inspektor Häberlein eine Glaskuppel mit eisernem Gerippe in indischen Stil auf die Mitte des Hauses aufgesetzt. Aber auch diese reichte bald nicht mehr aus, und der Hofgärtner Reuter ging daran, unter dem Kübel den Boden brunnenartig auszuhöhlen, und man versenkte den Baum nach Belieben in eine angemessene Tiefe. Die Sohle des Kessels hat der nahezu hunderjährige Baum jedoch nie erreicht.

Das Palmenhaus mit der tatsächlich später aufgesetzten Dachkuppel für die strebsam wachsende Fächerpalme von der Insel Bourbon (Latania borbonica) Abb. aus ”Der Bär. Wochenzeitschrift 1880”

1880 fängt aus ungeklärten Gründen das Palmenhaus Feuer und brennt bis auf die Grundmauern ab. Ein technische Fehlfunktion der Heizungsanlage wird nach ausgiebiger Untersuchung ausgeschlossen. Möglicherweise habe ein Funkenflug aus dem Kamin das Entzünden des hölzernen Palmenhauses ausgelöst, gesichert ist die Aussage aber nicht ... [4-57], [8-114]

Die illustrierte Berliner Wochenzeitung “Der Bär” berichtet in der Ausgabe vom 10. Juli 1880 auf den Seiten 347/348 über das verlorene Palmenhaus und die Insel. Lesen Sie hier den Artikel (PDF, 3 Seiten, 3,8 MB)

Die durch eine Kabinettsorder 1880 zur Reparatur des Palmenhauses vorgesehenen Mittel wurden für den Bau des Wilhelmsplatzes in Potsdam umgeleitet. Reuter, der damalige Hofgärtner der Insel, soll dem Kronprinzen Friedrich Wilhelm unter Tränen gesagt haben: “Alles ist hin, kaiserliche Hoheit, alles verbrannt, nur ein kleines Bambuschen ist übrig geblieben!” Das brachte Reuter den Spitznamen Bambuschen ein.[8-115]

 Ausschnitt aus Gemälde von C.D. Freydanck, 1839, links das Schloß, rechts das Palmenhaus noch ohne Kuppel

Das Palmenhaus erfreute sich bisher großer Beliebtheit. Ein Wiederaufbau des Hauses ist diskutiert worden, würde es die Pfaueninsel doch heute auch wieder bereichern. Anfänglich gab es Überlegungen, aus den Resten ein offenes Pflanzenhaus zu gestalten. nach zwei Jahren, 1882, wurden die Reste des Hauses unwiederbringlich eingeebnet. [8-115] Die heutigen Inselführer verweisen auf den einstigen Standort des Palmenhauses, was noch heute auf den einstigen Stolz der Insel hinweist. Leider ist ein Wiederaufbau derzeit nicht geplant, auch hat sich keine private Stiftung oder Verein gefunden, sich dem Thema anzunehmen. Nach nun über 120 Jahren wäre es auch schwer, das Haus zu rekonstruieren, aber auch eine Herausforderung an die Historiker des Landes. Evtl. liegt das auch an der veränderten Gesellschaft, die sich über billige Flugreisen die Palmen in den heimischen Ländern selbst anschauen, den Reiz am Fremdartigen dadurch verloren haben. So begeistert, wie vor 150 Jahren die Besucher aus dem Palmenhaus kamen und ihre Erlebnisse schilderten, könnte man heute wohl keinen Besucher mehr anstecken.

 

An der Stelle des Palmenhauses mahnen heute Steinsäulen, die den Grundriß des Gebäudes abstecken, ein Palmengarten erinnert im Sommer an das große Gebäude.

Evtl. erreiche ich mit dieser Seite wenigstens, die Begeisterung der damaligen Zeit für die Insel und ihrer Schätze, die heute von der Allgemeinheit nicht mehr als solche betrachtet werden, etwas vermittelt zu haben oder auf die Insel neugierig gemacht zu haben.

Die Pfaueninsel verdankt den damaligen Gärtnern die Pflege, der behutsame Umgang mit den vorhandenen Pflanzen, aber auch das Gedeihen der fremden Pflanzenarten. Besonders die gärtnerische Arbeit im Palmenhaus oder im Rosengarten war damals mangels Erfahrung eine Herausforderung für die Gärtner. Die Insel ist eng mit den Namen Lenné verbunden, der die Landschaftsgestaltung vornahm, aber auch mit den beiden königlichen Hofgärtnern aus der Familie Fintelmann, die sich der Pflege der fremdartigen Pflanzenwelt annahmen. Die Arbeit auf der Pfaueninsel machte sie im Kreise der Botaniker bekannt, Gustav-Adolph Fintelmann schrieb seine Erfahrungen auch nieder, auch erstellte er den ersten Inselführer [6]. G.A. Fintelmann starb am 1. März 1871, und wurde auf dem Friedhof (hinter dem Försterhaus gelegen) der Gemeinde Nikolskoe, gegenüber der Pfaueninsel neben seiner Frau beerdigt. [13-53] (zur Erläuterung der Grabstellen der Gemeinde St. Peter und Paul zu Nikolskoe empfehle ich die Festschrift unter der Quellennummer [13] in der Rubrik Bücher)

Zur Vertiefung der Geschichte rund um das Palmenhaus empfehle ich das Buch “Das Palmenhaus auf der Pfaueninsel” von Michael Seiler mit der Quellennummer [8] in der Rubrik Bücher”.

Luftaufnahme der Pfaueninsel, um 1937, Sammlung des Autors

Autor: Jurziczek von Lisone    Mai/2005

Quellenangaben: Siehe Auflistung der Quellen in Rubrik “Bücher”. Quellenlegende: [x-y]  x = Buch, y = Seitenzahl

Der Inselbegleiter für den nächsten Besuch auf der Pfaueninsel hier zum Download

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