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Der Zehlendorfer Tunnel

D a s   V o r h a b e n

Bereits 1965 veröffentlichte der Berliner Senat Pläne zum Ausbau der Stadt Berlin. Von Kritikern wurden diese Pläne später “Ausbaupläne zur autogerechten Stadt” genannt. In diesen Plänen zum Flächennutzungsplan 1965 sind zahlreiche Vorhaben ersichtlich, die dem Individualverkehr eindeutig den Vorzug geben. Ein Autobahn- und Schnellstraßennetz sollte die Stadt systematisch ohne Rücksicht auf gewachsene Strukturen durchkreuzen. Die Berliner Stadtautobahn, zu größten Teilen in dieser Zeit gebaut, wie auch die Westtangente zeigt, wie gewachsene Stadtzentren zerstört wurden.

1973 wurden Pläne konkret, die Bundesstraße 1 im Bereich des Zehlendorfer Ortskerns zu untertunneln.

(Drucksache 6/1249 des Abgeordnetenhaus Berlin vom 22.2.1974 hier in PDF).

Der damalige Bezirksbürgermeister, Dr. Wolfgang Rothkegel (CDU), äußerte sich zunächst sehr positiv über das Vorhaben. Er versprach eine schnelle Durchführung der Arbeiten, um die Belästigungen für die Zehlendorfer so kurz wie möglich zu halten. Die Vorteile und Notwendigkeit dieses Vorhabens wurden von Bezirksamt und Senat gleichermaßen gepriesen:

- sprunghaft angestiegener Kraftfahrzeugverkehr

- mehr Verkehrssicherheit

- Entlastung des Ortskerns von 60%-70% des Gesamtverkehrs

Immer wieder erscheinen in den Veröffentlichungen (Zeitungen, Interviews) mit Nachdruck die Argumentation auf den Kontrollpunkt Dreilinden, da der Personen- und ganz besonders Güterverkehr mit  Lockerung des Transitverkehr schon von 1972 bis 1973 um 32% gesteigert wurde. Bis zum Jahr 1985 sei daher eine breitere Verkehrsaufnahme des Ortskerns Zehlendorf unumgänglich.

Der Tunnel unter dem Ortskern sollte eine Länge von 871 Meter (ohne Rampen:  462 Meter) aufweisen. Die Durchfahrthöhe wäre entsprechend der Vorgaben für Bundesstraßen bei 4,60 Meter errichtet worden. Da die Tunnelsohle unter dem Niveau des Kanalisationsnetzes liegt, wäre für den Regenwasserabfluß ein aufwendiges Regenwasser- Sammelbecken unter der Fahrbahnsohle für 1200m3 Regenwasser errichtet worden. Eine Pumpe hätte das Regenwasser aus dem Rückhaltebecken über eine Pumpe in einem Betriebsraum (ebenso im Tunnel neben den Fahrbahnen) in den Regenwasserkanal der Berliner Wasserbetriebe geleitet.

(Informationsbroschüre über den Autotunnel (geänderte Ausführung), 8/74)

Aufgrund der Länge der Anlage wäre eine künstliche Belüftung notwendig gewesen. Eine Notstromversorgung wäre ebenso möglich gewesen. Über die östliche Rampe wäre an der Kreuzung Kleinaustraße eine Fußgängerbrücke über den Autograben sowie die beiden ebenerdigen Fahrbahnen gezogen worden. Für die Gesamtanlage wäre ein Betriebstechniker beschäftigt gewesen, der die Anlagen (Regenwasserbecken, Betriebsräume, Beleuchtung, Belüftung) betriebsbereit erhält. Die Betriebskosten finden sich in keiner Aufzeichnung wieder.  Die Baukosten für den Stahlbetontunnel wurden zunächst mit rund 30.000.000 DEM angegeben. Baubeginn war für 1975 angedacht, die Fertigstellung sollte 1979/80 erfolgen.

Für den Zeitraum der Arbeiten hätte der Autoverkehr über 2 Routen um die Baustelle herumgeführt werden sollen. Die Umleitungsstrecken für den Fahrzeugverkehr von der Bundesstraße 1 sollten für den Umleitungsverkehr durch 12 zusätzliche Ampelanlagen ausgestattet werden, die auch nach dem Bauvorhaben erhalten geblieben wären. Der Omnibusverkehr der BVG wäre von der Umleitung nicht betroffen, eine Gasse durch die Baustelle wäre freigehalten [Quelle:  Dr. Rothkegel im Interview des VeZG im November 1973] Dem Flächennutzungsplan 1965 sind auch weitere Untertunnelungen an der B1 zu entnehmen. Neben der bereits Ende der 60er Jahre errichteten Unterführung im Kreuzungsbereich Drakestraße (380 Meter Tunnel und Rampen) sollten weitere 4 Anlagen im Kreuzungsbreich der stark befahrenen Strassen Asternplatz (400 Meter Tunnel und Rampen)Dahlemer Weg/ Thielallee/ Schützallee (500 Meter)Sundgauer Straße ( 380 Meter) Argentinische Allee mit Spanische Allee zu einer Anlage ( 800 Meter) errichtet werden. Der Tunnel unter dem Ortskern also nur ein Tunnel von insgesamt 6 Anlagen für die Bundesstraße 1. Ziel der Tunnelbauten ist es, eine direkte Schnellstrassenverbindung zwischen der Westtangente und der Autobahn- Anschlußstelle Kreuz Zehlendorf (AVUS, heute A115) zu schaffen.

Das Vorhaben war bisher gut durchgeplant. Die Ausführung konnte konkret vorgestellt werden, die Auswirkungen während der Arbeiten auf die Bevölkerung erfaßt, und die Notwendigkeit lag stets im Vordergrund. Die Finanzierung war ebenso gesichert. Auch stimmte am 15. Januar 1974 geschlossen das Bezirksamt Zehlendorf diesem Bebauungsplan zu. Eigentlich hatten die Planer nichts vergessen  . . . oder war da etwas übersehen worden?

2. Kapitel der Geschichte “Der Zehlendorfer Autotunnel”

 
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Text: Jurziczek