Zum zweiten Bauabschnitt der Streckenverlängerung Tierpark bis Hönow gehört neben dem Stellwerk Hönow (Hö) auch das Stellwerk Wuhletal (Wh). Der Bahnhof hat zwei Besonderheiten für das Berliner U-Bahnnetz zu bieten.
Rohbau: Blick aus dem Tunnel zum Bahnsteig mit Baugleisanlage
Einserseits ist es hier möglich, an einem Bahnsteig richtungsbezogen zur S-Bahn umzusteigen, was im Schnellbahnnetz Berlins
bisher nie realisiert wurde.
Einfahrt in den Bahnhof Wuhletal (1989)
Richtungsbahnsteige Wuhletal: Beide Verkehrsmittel halten hier an einem Bahnsteig und erlauben das Umsteigen
Zum anderen besteht hier die einzige Schienenverbindung zwischen dem Berliner U-Bahnnetz und dem Netz der Deutschen
Reichsbahn (heute Deutsche Bahn). Diese Wagenübergabestelle (Wüst) ermöglicht es, Fahrzeugüberführungen nunmehr
völlig auf dem Schienenwege durchzuführen. Vom Herstellerwerk in Hennigsdorf oder vom Reichsbahn Ausbesserungswerk ”Roman Chwalek” in Schöneweide lassen sich nun Überführungsfahrten durchführen.
Blick auf die Übergabegruppe Wuhletal, rechts das Stellwerksgebäude im Aufbau
Etwas versteckt vor dem Personenbahnhof befindet sich der Übergabebahnhof: Drei Gleise stehen hier für das Umrangieren
der Wagen zur Übernahme bereit.
Die Spurweite der Schienen ist zwar bei der Eisenbahn und Berliner U-Bahn gleich, jedoch die Wagenprofile sind deutlich
schmaler. Eisenbahnfahrzeuge dürfen daher nicht über diese Tafel hinaus verkehren. Der Raumabstand zu Signalen,
seitlicher Stromschiene oder festen Bauten (etwa Podeste, Bahnsteige, Brücken) ist geringer und würden zu Berührungen
führen. Übergabefahrzeuge müssen daher jeweils aus dem Netz, aus dem sie zugeführt werden, in die Übergabestelle von
Triebfahrzeugen geschoben werden. Die Triebfahrzeuge der Eisenbahn passen nicht in das kleinere Lichtraumprofil der U-
Bahn. Triebfahrzeuge der Berliner U-Bahn haben keine Zulassung zum Fahren mit eigener Kraft auf Eisenbahnanlagen. Hier
an dieser Markierung stoßen die behördlichen Grenzen von BOStrab (Betriebsordnung Straßenbahn) und EBO (Eisenbahn Betriebsordnung) zusammen.
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Blick in die zugewachsene Übergabeverbindung zum Güterbahnhof Kaulsdorf. Auch wenn man es nicht vermutet, die
Übergabe ist noch in Betrieb (2011). Wenn Fahrten geplant werden, wird die Übergabe von der Vegetation befreit. Da keine
spontanen Fahrten stattfinden, sondern einen monatelangen Planungsvorlauf haben, ist genug Zeit zur Überführung von Fahrzeugen die Anlage wieder frei zu schneiden.
Die einzigen Vollbahnwagen (= Wagen für das Eisenbahnnetz) sind diese beiden Kuppelwagen 4198 und 4199. U
-Bahnfahrzeuge werden zwischen diese Wagen gekuppelt um einen Übergang von der A2-U-Bahnkupplung auf die eisenbahntypische Schraubenkupplung mit Seitenpuffer zu ermöglichen. Andernfalls könnte kein Triebfahrzeug aus dem
Netzbereich Eisenbahn die U-Bahnwagen an den Haken nehmen.

Mittig sind die beiden Wagen über die A2-U-Bahnkupplung verbunden. Hier können U-Bahnfahrzeuge zwischen eingekuppelt
werden. An den jeweiligen Aussenenden der Wagen verfügen die Wagen über die Schraubenkupplung (Öse/Haken) mit Hauptluftleitung (HLL)
Schraubenkupplung mit Seitenpuffer an den beiden Wagenenden zur Aufnahme an Eisenbahnfahrzeugen
Die Anschriften: die alte BVB-eigene EDV Nummer steht noch am Wagen: ex 715 001-5, die heute gültige Wagennummer
lautet 4198 (ex715 002-7 = 4199). Der Wagen 4198 trägt leider einen Schreibfehler in der Wagennummer. Diese beiden
Wagen sind die einzigen Wagen der Berliner U-Bahn mit Zulassung für das Streckennetz der Eisenbahn (EBO).
Überführungsfahrt (Aufnahme auf dem Berliner Aussenring bei BAKO) vom Herstellerwerk in Hennigsdorf bei Berlin zum
Übergabebahnhof Wuhletal
Beide Kuppelwagen wurden 1989 vom Reichsbahn RAW “Einheit” in Leipzig gebaut (Fabriknummern 001, 002)und 3/1990 an
das Verkehrskombinat BVB übergeben
Die Ausfahrt aus dem Übergabebahnhof Richtung Streckennetz der U-Bahn. Hier in diesem Bereich haben alle drei Gleise des
Übergabebahnhofes Wuhletal die seitliche Stromschiene. Für Eisenbahnfahrzeuge wäre spätestens an diesem Punkt (seitliche
Stromschiene, Podest und Signalschirm) der Punkt der Berührung mit festen Anlagenteilen gegeben.
An diesem Übergabebahnhof befindet sich das Stellwerk Wuhletal für den U-Bahn Zugbetrieb
Von allen Stellwerken der Berliner U-Bahn dürfte nach Meinung des Verfassers dieses den wohl schönsten Standort haben.
Gelegen im Landschaftsschutzgebiet Wuhletal.
Blick aus dem Stellwerk Wuhletal (Wh) auf den Übergabebahnhof mit den beiden Kuppelwagen.
Der Stelltisch. Der Stellbereich umfasst seit der Streckeneröffnung (7/1989) die Bahnhöfe Elsterwerdaer Platz (links oben),
Wuhletal (Übergabe- und Personenbahnhof), Albert-Norden-Strasse (heute “Kaulsdorf-Nord”) und Heinz-Hoffmann-Straße
(heute “Neue Grottkauer Straße”).
Im Ausschnitt: oben der Umsteigebahnhof zur S-Bahn (betrieblich handelt es sich jeweils für die U- und S-Bahn nur um
Seitenbahnsteige, der jeweils andere Netzbereich ist betrieblich bedeutungslos). Vom Übergabebahnhof existiert Richtung
Streckennetz der U-Bahn ein Ausziehgleis, um Rangieren innerhalb des Übergabebahnhofes. Etwa zum Umsetzen oder ein-
und auskuppeln der Kuppelwagen. Oben rechts: der eingesteckte Schlüssel im Stelltisch. Mit diesem Schlüssel ist die
Ortssteuerung eingeschaltet. Die Weichensteller in der BVG- LISI-Zentrale kann damit in diesem Zustand keine Bedienungen
über ihre Monitore auf dieser Anlage durchführen.
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Die schwarzen Balken symbolisieren die Seitenbahnsteige. Unten der Übergabebahnhof zum Stellwerk Kaulsdorf-West (Kdw)
der Deutschen Bahn. Bauform des Stellwerkes: WSSB GsII Sp64c. Die Weichen Richtung Übergabestelle Kdw sind als
Handweichen ausgeführt. Der Gleisanschluß Kdw zum BVG-Übergabebahnhof (bis zum Haltetafel für Eisenbahnfahrzeuge)
formuliert sich auf der Bahnseite als “Anschlußbahn”. Die Handweichen 278, 279 und die Gleissperre 280 im Gleis 21 werden
daher vom Rangierleiter bedient, im Eigentum und Wartung jedoch der BVG zugehörig
Da in diesem Stellwerk rangiert wird, und das auch nach dem Signalbuch der Eisenbahn, befindet sich hier wie nur selten auf U
- Bahnstellwerken eine Signallampe zum erteilen von Zustimmung oder Rangiersignalen laut Signalbuch der Bahn
Dieses Stellwerk der Berliner U-Bahn ist das einzige Stellwerk der BVG mit Ausblick auf den Verkehr der U-Bahn, S-Bahn und
dem vorbeifahrenden Eisenbahnverkehr. Auch dieses Stellwerk wird von der U-Bahn LISI-Zentrale ferngesteuert. Wie alle
anderen Stellwerke bei der U-Bahn wird wöchentlich wird das Stellwerk für einige Stunden besetzt, um die Funktionalität der
Anlage zu behalten. Die probeweise Bedienung schützt vor Kontaktunterbrechungen durch die Unbenutzung und Anlagendefekte (bspw. Ausleuchtung am Stelltisch) oder Schäden am Bauwerk (Wasserschäden, Einbruchsspuren) werden
damit kontrolliert und eine entsprechende Störungsbehebung veranlasst.
Mit der technischen Rückfallebene des ortsbedienbaren Relaisstellwerk behält das Unternehmen die Möglichkeit der
Ortsteuerung im Störungsfall oder bei Bauarbeiten. Langfristig werden diese Relaisstellwerke jedoch auch irgendwann nach
Ablauf der technischen Einsatzalters, was sich nach der wirtschaftlichen Aufwendung zur Vorhaltung berechnet, durch ein
ESTW ersetzt werden.
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Durch den komfortablen Umsteigebahnhof Wuhletal bedurfte es einer Tarifanpassung. Galt der Einzelfahrausweis bisher nur
für eine Fahrt, war zum Umsteigen in die S-Bahn ein erneuter Fahrschein zu lösen. Fahrgäste mit Einzelfahrausweisen hätten
daher den bahnsteiggleichen Umstieg nicht nutzen können, da sie vor dem Einsteigen in das gegenüberliegende
Verkehrsmittel erst hätten ein neuen Fahrausweis erwerben bzw. entwerten müssen. Um nicht nur den Zeitkartenkunden den
Umstieg ohne erneute Entwertung zu ermöglichen, wurden zum 1.7.1989 Kombifahrkarten angeboten. An den
Fahrscheinausgaben wurden diese Fahrausweise in Kombination U-Bahn-Einheitstarif und Preisstufen-Fahrschein verkauft. In
diesem Zusammenhang wurden alle Lochdruck-Entwerter im U-Bahnnetz der BVB durch die Stempeldrucker der S-Bahn
ausgetauscht. Diese tarifliche Neuerung hatte jedoch nur genau ein Jahr Bestand. Mit der Währungsunion (Einführung der
Westmark in Ostberlin und DDR) am 1.7.1990 hatte diese Tarifregelung keinen Bestand mehr.
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Den vollständigen Aushang können Sie im diese Webseite begleitendem Online-Archiv der Berliner Verkehrsseiten im
Download beziehen (Textarchiv Tarifwesen, Signatur F_020).
Quellen und weiterführende Literatur:
- Unterlagen aus dem Redaktionsarchiv Berliner Verkehrsseiten (Pläne, Bilder)
- Präsentationsunterlagen zur Einladung “Streckeneröffnung U-Bahn Tierpark - Elsterwerdaer Platz, 1988,
Kombinatsbetrieb U-Bahn
- “Vom U Alex nach Hellersdorf”, Transpress Verlag 1989, ISBN 3-344-00434-4
- Dienstanweisung Übergabegruppe Wuhletal, Ausgabe Juli 2010, Hrsgb.: BVG, AöR
- Luftaufnahme der Gleisanlage Wuhletal bei Bing.de
- Berliner Verkehrsblätter, Heft 8/1989 “U-Bahn-Linie E erreicht Hönow”, von Uwe Poppel
- Berliner Verkehrsblätter, Heft 8/1997 “U-Bahn Arbeitswagen”,
- Berlins U-Bahnhöfe - Die ersten hundert Jahre, Meyer-Kronthaler 1996
- Hinweise und Ergänzungen aus dem freien Redaktionskollektiv Berliner Verkehrsseiten: ,
- Präsentation Sicherungstechnik BVG (BU-A7) von Mai 2006
- WSSB Firmengeschichte, 2011 zusammengetragen von Niels Kunick unter sachsen-stellwerke.de
- Weiterführende Erläuterung “Zugsicherung” bei Wikipedia
Text und Zusammenstellung: Markus Jurziczek von Lisone, BVS 11/2011
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