Mit der Errichtung von neuem Wohnraum im Ostberliner Stadtteil Hellersdorf für 150.000 Menschen
bedurfte es der Anbindung an das Ostberliner Schnellbahnnetz. Die Deutsche Reichsbahn stand bereits mit der Betriebsleistung der S-Bahn auf dem Abschnitt Ostkreuz - Friedrichstraße an der maximalen
Leistungsgrenze. Eine weitere Streckenverzweigung der Ostbahn ab dem Bahnhof Wuhletal Richtung Hönow hätte zusätzliche Zugfahrten erforderlich gemacht, die von der Stadtbahn ab dem Ostkreuz Richtung Westen
nicht hätten aufgenommen werden könne. Die Züge hätten dann vor dem Ostkreuz enden müssen, was die Kapazität der durchfahrenden Züge nicht erlaubt hätte. Daher entschied sich die Stadt zum Weiterbau der
bestehenden U-Bahnlinie E ab dem Bahnhof Tierpark nach Hönow in zwei Ausbaustufen. Am 1.7.1988 wurde der erste Abschnitt bis zum Elsterwerdaer Platz eröffnet und ein Jahr später (1989) erfolgte die
Fertigstellung des Abschnitts bis zum Endbahnhof Hönow. Auf diesem letzten Abschnitt wurden die beiden Stellwerke Wuhletal (Wh) und Hönow (Hö) errichtet.
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Mit Verlängerung der Strecke E zum Endbahnhof Hönow wurde neben dem dreigleisigen Endbahnhof auch eine umfangreiche
Abstellanlage errichtet. Bedingt des geteilten Netzes fehlte es bisher dem U-Bahnbetrieb an Abstellkapazitäten. Mit der
Streckenverlängerung prognostizierte die BVB einen deutlich höheren Wagenbedarf nebst Fahrzeugreserve, der im Netz auch
seinen Platz finden muss. Da die vorhandenen Fahrzeuge für den Abschnitt Alexanderplatz - Tierpark nicht für die
Streckenerweiterung ausreichten, wurde bereits 1986 weitere Fahrzeuge des Typs EIII vom Reichsbahn Ausbesserungswerk Schöneweide “Roman Chwalek” ausgeliefert. Siehe dazu weiter unter Fahrzeuge -> Typ EIII.
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Das DR RAW “Roman Chwalek” konnte nicht den gesamten erforderlichen Bedarf von Fahrzeugen für den Kombinatsbetrieb U
-Bahn durch den Umbau und Adaptierung von S-Bahnwagen der Vorkriegsproduktion erfüllen. Es ergaben sich 1987 in
Verhandlungsgesprächen mit dem Senat von Westberlin Tauschgeschäfte die 1988 umgesetzt wurden. Der Westberliner
Senat “bezahlte” den Erwerb von Grundstücksflächen der Reichsbahn in Westberlin mit der Lieferung von zunächst 50 Doppeltriebwagen der Westberliner U-Bahn Bauart D. Siehe dazu weiter Fahrzeuge -> Typ D.
Sommer 1989: auf der Neubaustrecke nach Hönow (DDR Verwaltungsbezirk Frankfurt/Oder) gelangten auch vom ersten Tag
an die Zugtype D von der BVG-West zum Einsatz. Vor der Übergabe wurden die Züge in der Hauptwerkstatt Seestraße
(Westnetz) lackiert und für den Betrieb im Ostnetz adaptiert (Ausbau der magnetischen Fahrsperre und Einbau der Türklingel)
Ab 1972 wurde durch das Kombinat Berliner Verkehrsbetriebe mit der Erneuerung aller Signalanlagen im Bereich des U-
Bahnhofes Pankow begonnen. Es wurden Stellwerke und automatische Streckenblockanlagen erneuert. Dabei wurde eine weitestgehende Konzentration aller Anlagen auf wenige Stellwerke angestrebt.
Im Ergebnis der Entwicklungsarbeiten entstanden die Schaltungssysteme GS II Sp64c und die Zentralblocktechnik AB2GU68.
Die Erneuerung der Linie E beschränkte sich damals nur auf die Bahnhöfe Friedrichsfelde in Verbindung mit dem Neubau des
Streckenteils Friedrichsfelde - Tierpark und Alexanderplatz. Sie fand mit der Inbetriebnahme des Stellwerkes Alexanderplatz im
Jahre 1985 vorerst ihren Abschluss. Von der Schillingstrasse bis Lichtenberg blieben auf der Linie E noch die alten
Signalanlagen im Einsatz. Die Verlängerung der Linie E von Tierpark über Hellersdorf nach Hönow zwang zur Erneuerung aller
bestehenden Signalanlagen auf der Linie E, da die vorhandenen Signalanlagen die angestrebte Zugdichte nicht bewältigen konnten.
Bei der Erarbeitung der Grundprojekte stellte sich heraus, dass die geplante Übernahme der beiden Schaltsysteme von der
Linie A auf die Linie E nicht vollständig möglich war.
Fünf Relaisgruppen einschließlich zugehöriger Kassetten mussten überarbeitet werden, zwei Relaisgruppen entstanden neu,
während eine Gruppe aus vorhandenen Schaltsystemen in das modifizierte System übernommen werden konnte. Geräte der
Serienproduktion mit den dazugehörenden Befestigungen konnten auf Grund der beengten Raumverhältnisse nicht eingesetzt
werden. erst umfangreiche Sonderkonstruktionen ermöglichten im Tunnelbereich die Lösung der gestellten Aufgaben.
Mit der Verlängerung der U-Bahnlinie E von Tierpark nach Hönow wurde auf dieser Linie die Geschwindigkeitssignalisierung
eingeführt.
Alle halbselbsttätigen Signale besitzen einen absoluten Haltbegriff und sind mit Ersatzsignal (weisses Blinklicht) ausgestattet.
Zur Signalisierung von Gefahrzuständen wurden vor den Bahnhöfen Gefahrsignale mit drei übereinander angeordneten roten
Lichtern aufgestellt, die dem Zugfahrer im eingeschalteten Zustand den Auftrag zum Halten mit allen Mitteln erteilen. Hinter den
Ausfahrsignalen wird das Gefahrensignal als Notsignal für die Bahnhofsaufsicht angewandt.
Zu jedem Hauptsignal gehört eine mechanische Fahrsperre, die elektromechanisch arbeitet. Zur Freimeldung wurden Gleise
und Weichen mit Gleisstromkreisen ausgerüstet. Wegen der möglichen Beeinflussung durch die 16 2/3-Hz-Traktionsströme der
benachbarten Gleisanlagen der Deutschen Bahn beträgt die Gleisspeisefrequenz 42 Hz. Alle Gleise sind zweischienig isoliert und haben große Drosselstoßtransformatoren erhalten.
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Auf der Strecke wurden Selbstblocksignale B im Bremswegabstand b
vor dem zugehörigen Isolierstoß aufgestellt. Jedem Blocksignal ist ein Isolierabschnitt 1 zugeordnet. Hinter dem Blocksignal ist ein Tonfrequenz- Gleisstromkreis EON3 angeordnet
, der die Haltsstellung des Signals bewirkt. Diese Tonfrequenz- Gleisstromkreise der Bauform WSSB (heute bei der Fa. Siemens als FTGS bezeichnet) dienen nur der Haltstellung des Signals. Vor der Einfahrt in eine Station befindet sich ein
Einfahrsignal E, hinter diesem ein Nachrücksignal N. Das Esig ist im Bremswegabstand vor dem am Bahnsteiganfang liegenden
Isolierstoß angeordnet. Das Nsig im Bremswegabstand vor dem zugehörigen Isolierstoß in der Bahnsteigmitte bzw. im
Bremswegabstand vor dem Asig. Beide Signale tragen die gleiche Signalnummer, die um eine römische Ziffer ergänzt wurde.
Die Esig und Nsig werden gemeinsam durch ein hinter dem Nsig angeordnetes Gleisschaltmittel (FTGS oder Impulsgeber) in Halt gestellt.
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Verwendet wurde in den Stellwerken der Linie E ein WSSB Zentralblock der Bauform AB2 GU 68. Im Stellwerksbereich Hönow
wurde zwischen den Stationen Paul-Verner-Strasse und Hönow auf Selbstblocksignale (Sbk) verzichtet und dafür
halbselbsttätige Hauptsignale mit der Möglichkeit des automatischen Stellbetriebes eingerichtet. Siehe dazu die Beschreibungen zu den Nachrücksignalen unter Potsdamer Platz und Spittelmarkt.
Am dreigleisigen Endbahnhof Hönow (Kreis Strausberg) entstand neben dem Personenbahnhof auch eine umfangreiche
Abstellanlage zur Aufnahme der deutlich vergrößerten Fahrzeugflotte. Neben einem Verwaltungsgebäude entstand das Stellwerksgebäude Hönow in der Aufstellanlage.
Der Bahnhof Hönow verfügte bei Indienststellung im Sommer 1989 über 29 Abstellgleise für 17 Sechs-Wagen-Züge.
Blick in die noch in Betrieb befindlichen Betriebsanlagen Bahnhof Hönow (2011)
Blick in die Abstellgruppe Gleise 71 (rechts) bis 77 (links). Rechts hinter dem Zaun die nicht mehr in Betrieb befindlichen
Anlagenteile (Gleise 41 - 45)
Ausschnitt Stelltisch der noch in Betrieb befindlichen Abstellgleise 71 bis 78
Zur WSSB GsII Sp64c Stellwerksanlage Hönow gehörten die Signalanlagen der Bahnhöfe Cottbusser Platz, Hellersdorf, Paul
-Verner-Straße (heute “Louis-Lewin-Str.”) und Hönow mit der Abstellanlage.
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Die Signalbaufirma WSSB Telesig (1949
aus der Verstaatlichung mehrerer Produktionsbetriebe entstanden) errichtete zahlreiche Stellwerke seit der Nachkriegszeit für die
Ostberliner U-Bahn. Die Stellwerke auf der Neubaustrecke (Friedrichsfelde, Wuhletal und Hönow) sind die jüngsten Stellwerksanlagen
dieser Bauart. Bereits 1991 übernahm die Siemens AG die Marke WSSB mit dem traditionellen Firmensitz an der Elsenstrasse (Berlin
Treptow).
Die großzügige Abstellanlage
Hönow verlor durch die noch 1989 beginnenden politischen Veränderungen in der DDR und der daraus entstandenen verkehrspolitischen
Veränderungen an Bedeutung. In den 90er Jahren wurde die Anlage noch zur Abstellung der nicht mehr benötigten Alt-Fahrzeuge der
Bauarten A, C und D verwendet.
Heute (2011) sind nur noch
12 Abstellgleise (je 6 Wagen, 110 Meter) auf der Anlage verblieben.
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Ab 2003 wurde ein Teil der Gleisanlagen (Gleise 21 - 23 sowie 41 - 45) ausser Betrieb genommen. Die nicht mehr
erforderlichen Gleisanlagen wurden durch einen Zaun von der übrigen Bahnanlage abgegrenzt und bleibt sich selbst
überlassen. Übrig bleiben noch immer großzügige Anlagenteile, die wenig Chancen auf eine dauerhafte Zukunft haben
Abgeschnittene Gleisanlagen: Abstellanlage Hönow (2011)
Ausfahrgruppe Hönow
Blick vom Betriebsgelände auf die Neubau-Wohnanlage Hellersdorf
Bahnsteiganlage Hönow mit Verwaltungsgebäude
Ausschnitt Stellwand Hönow: Mittelbahnsteig Hö I und der nicht überdachte Seitenbahnsteig Hö II
Hier deutlich die Abtrennung der nicht mehr benötigten Gleisanlagen (teilweise nicht elektrischen Gleise Gleise 21 - 23 zur
Verladerampe sowie die elektrischen Abstellgleise 41 - 45) erkennbar
Der Stelltisch. Eine Ortssteuerung ist vollständig möglich, es fehlt nur an der korrekten Darstellung. Mit Blick auf die Stellwand
lassen sich die Fahrstrassen-Drucktaster jedoch bedienen. Das Stellwerk ist noch in Betrieb und wird im Normalfall von der
LISI-Leitstelle (U-Bahn Stellwerkszentrale) fernbedient. Dort existiert wie für alle anderen noch in Betrieb befindlichen
Stellwerke (außer der Werkstattanlagen) der Berliner U-Bahn ein Monitorbild mit der vollen Bedienbarkeit aller Anlagenteile.
Quellen und weiterführende Literatur:
- Unterlagen aus dem Redaktionsarchiv Berliner Verkehrsseiten (Pläne, Bilder)
- Präsentationsunterlagen zur Einladung “Streckeneröffnung U-Bahn Tierpark - Elsterwerdaer Platz, 1988,
Kombinatsbetrieb U-Bahn
- [1] “U-Bahn vom Alex nach Hellersdorf”, Transpressverlag 1989, ISBN 3-344-00434-4
- Luftaufnahme der Gleisanlage Hönow bei Bing.de
- Berliner Verkehrsblätter, Heft 8/1989 “U-Bahn-Linie E erreicht Hönow”, von Uwe Poppel
- Berlins U-Bahnhöfe - Die ersten hundert Jahre, Meyer-Kronthaler 1996
- Hinweise und Ergänzungen aus dem freien Redaktionskollektiv Berliner Verkehrsseiten: Poncé,
- Präsentation Sicherungstechnik BVG (BU-A7) von Mai 2006
- WSSB Firmengeschichte, 2011 zusammengetragen von Niels Kunick unter sachsen-stellwerke.de
- Weiterführende Erläuterung “Zugsicherung” bei Wikipedia
Text und Zusammenstellung: Markus Jurziczek von Lisone, BVS 11/2011
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