Der Staubsaugerzug ist ein schon sehr altes Arbeitsgerät, welches nicht mehr vorhanden ist. Einen Ersatz hat es auch
nicht gegeben, obwohl die Gleise wieder stark verdrecken. Allerdings war damals nicht das sorglose Verhalten der Fahrgäste der Grund für den Einsatz eines Staubsaugers (damals verursachte der Mensch nicht soviel Müll
während einer Zugfahrt).
Die Verstaubung der U-Bahn-Tunnelstrecken durch den feinen Bremsstaub ist dem Fahrgast schon beim Betreten der
unterirdischen Stationen aufgefallen: Feine Metallspähne funkelten dem Fahrgast auf den Treppenstufen entgegen. Ein ganz typischer Anblick, an den sich noch viele erinnern können, die den regelmäßigen Betrieb von
Vorkriegswagen erlebt haben. Bei diesen feinen Glitzerspuren handelt es sich um den Bremsabrieb der gußeisernen Bremsbeläge der Vorkriegsbauserien. Der feine Abrieb setzte sich in die Steuerungen der Züge sowie der
Signaltechnik und führte dort zu Fehlfunktionen. Unbeabsichtigte elektrische Überschläge führten zu Kurzschlüssen an Zug- und Signaltechnik und erhöhten die Brandgefahr. Bei den Fahrzeugtypen der Bauart A2 verwendete man
schon sehr früh elektrische Bremsen sowie Bremsbeläge aus Faserstoffen oder ölgetränkte Holzsohlen. Pro Jahr wurden 1940 etwa 300 t Bremsklötze aus Gußeisen verbraucht, wovon rund 200 t zu glitzerndem Staub zerrieben wurden.
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Abb.: Entstaubung der Betriebsanlagen ist eine sehr mühsame Angelegenheit. Arbeiten um 1935
Bis 1940 wurde ein kleiner Arbeitszug mit geringer Arbeitsleistung und hohem Personaleinsatz im Kleinprofilnetz verwendet. Die
kurze Betriebspause genügte nicht aus, das Arbeitsfeld von Bremsstaub freizuhalten. Um die Tunneleinrichtungen, Stellwerke,
Signalanlagen, Fahrzeugteile und elektrischen Apparate sowie den Wagenanstrich von Bremsstaub zu befreien, wurde 1938 der Bau eines großen, leistungsfähigeren Tunnelentstaubungswagens verfügt
Zeichnung: Umgebauter A1-Triebwagen 89, ab 1940 als Tunnelentstaubungswagen mit der Arbeitszugnummer 1008 Zur
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Dem ausgedienten A1-Kleinprofil Triebwagen 89 entzog man den Wagenkastenaufbau. Drehgestell, Fahrzeuguntergestell,
Antriebs- und Bremstechnik wurde weiterverwendet. An jeder Stirnseite wurde ein Fahrstand eingerichtet, damit das Fahrzeug
frei in beide Richtungen bewegt werden konnte. Das Fahrzeug konnte nun als Arbeitsfahrzeug nur 25 Km/h in der Einsatzfahrt
von und zur Arbeitsstelle erreichen. Mechanische Fahrsperre, Signaleinrichtungen und Scheinwerfer sind ebenso vorhanden.
Zeichnung: Umgebauter A1-Triebwagen 89, ab 1940 als Tunnelentstaubungswagen mit der Arbeitszugnummer 1008 Zur
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Das Fahren des Wagens während des Staubsaugens, das mit einer Geschwindigkeit von 2 - 3 Km/h erfolgte, kann nur von
einer Stirnseite des Wagens aus mit einem besonders dafür eingebauten Fahrschalters mit Zusatzkontakten erfolgen. Hierbei
wurde durch die Netzspannung von 750 V ein Umformermotor angetrieben, der mit einem Generator zur Abgabe von Spannungen bis 150 V bei 40 A gekuppelt war.
Das Pumpenaggregat zum Absaugen des Staubes besteht aus einer Siemens-Vakuum-Pumpe, die mit einem Gleichstrom
-Nebenschlußmotor für 750 V gekuppelt ist. Die Wasserring-Vakuum-Pumpe entnahm das Wasser für den benötigten
Flüssigkeitsring dem Wasserbehälter, der eine Abmessung von 3000 x 1600 x 660 mm hatte. Die Staubvorabschneider sind
Rundgehäuse aus Blech von 300 mm Außendurchmesser und einer Höhe von 650 mm mit herausziehbaren feinmaschigen
Staubsieben und sieben Anschlußstutzen für die Saugschläuche. In diesen Behältern erfolgte die Trennung des aufgesaugten
Staubes . Im Naßabschneider, einem Rundbehälter von 1000 mm Durchmesser und etwa 2000 mm Höhe erfolgte die
endgültige Reinigung der Luft vom mitgeführten Staub durch ein Wasserbad. Durch einen Abschlußdeckel, der den Abschluss
des Naßabschneiders bildete, wird dessen Reinigung ermöglicht. Ein Wasserkasten bildete den Abschluss dieser Anlage. Die
Anlage, die immer betriebsbereit ist, wird durch Anlassen des Pumpenaggregates in Betrieb gesetzt, nachdem die Männer
ihren Platz eingenommen haben. Jetzt kann der Fahrer den Wagen durch den für die Saugfahrt bestimmten Fahrschalter bedienen und das Fahrzeug in Bewegung setzen.
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Ein merkwürdiger Anblick: Ein riesiger 750 V - Staubsauger mit Naßfilter aus einem alten A1-Triebwagen
Das Absaugen des Staubes wurde während der Fahrt von Hand ausgeführt. Die auf dem Wagen zum Einbau gelangte
Absauganlage besitzt sieben Anschlüsse für die Absaugschläuche, die zweckmäßig auf dem Wagen verteilt sind. Diese
Anordnung war so gewählt, dass von der tiefen und hohen Plattform für die Arbeiter stets jeder Punkt neben und über dem
Fahrzeug mit den Saugschläuchen erreicht werden konnte. Für sehr weiträumige Tunnelabschnitte, etwa mehrgleisige
Aufstellanlagen oder Abzweige, war ein Halt des Wagens unabwendbar. Hier konnten seitliche Plattformen ausgekurbelt
werden, und so die Arbeit auch weit neben dem befahrenen Gleis ausgeführt werden. Um ein Bewegen des Fahrzeuges in
dieser Arbeitsstellung zu verhindern, ist im Steuerstromkreis ein Kontakt vorgesehen, der mit dem Aufklappen der seitlichen
Arbeitsbühnen den Steuerstrom unterbricht. Das Absaugen der Fahrbahn wurde durch eine klappbare Arbeitsplattform an
einer Stirnseite ermöglicht. Der Arbeitsbereich des Wagens wurde durch 10 große, bewegliche Scheinwerfer ausgeleuchtet.
Dieses Fahrzeug mit der Arbeitszugnummer 1008 war bis 1972 im Einsatz und wurde danach verschrottet. Mit der
Ausserdienststellung der Vorkriegsfahrzeuge erübrigte sich der weitere Einsatz eines derartigen Fahrzeuges.
Das heutige Problem der Verschmutzung von Bahnsteigen durch die Kunden gefährdet auch den Bahnbetrieb: In den Tunnel
gewehte Abfälle sammeln sich und stellen eine Brandgefahr dar. So ist es nicht unmöglich, dass bald wieder über einen Tunnelstaubsaugerwagen nachgedacht wird.
Ein Blick nach Osten: Bei der Moskauer Metro gibt es einen Tunnelreinigungszug, der ähnlich wie bei der Kanalreinigung
Wasser mit Hochdruck über Düsen an Seitenwände und Tunneldecke spritzt. Der Staub und Dreck wird so über die Sickerwasserpumpen abgesaugt.
Quellen:
- Glasers Annalen, “Sonderfahrzeuge der Berliner U-Bahn” Heft vom 1. Juni 1940, Seiten 120 - 122
- Buch “Berliner U-Bahn”, ALBA, Lemke und Poppel, Ausgabe 1996
- Berliner Verkehrsblätter, Heft 1/1973
Text: Jurziczek, 8/2004
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