Die verschiedenen Bauarten der Gas- Straßenbeleuchtung
In Berlin gab es seit 1826 zahlreiche Gaslaternentypen. Die heute noch im Strassenland anzutreffenden Leuchtköpfe seien hier kurz vorgestellt (Text: Jurziczek).
Gas - Modellleuchte (bekannt als “Schinkelleuchte”):
Am 1. Januar 1847 wurde mit diesem Leuchtentyp (noch ohne Blechdach und
Palmetten) die erstes städtische Straßenbeleuchtung Berlins eröffnet. Sie war ein Produkt der Berliner Fabrik für Gasanstaltsbedarf Schulz & Sackur, die das
Modell weiterentwickelte. Die schlichte Form diente nicht repräsentativen Zwecken. Sie fungierte bei der Erschließung der Berliner Stadtgebiets als
Standardleuchte. Historische Fotografien Berliner Stadträume weisen sie als die vorherrschende Beleuchtungsform aus. Ab 1893 wurde sie weitgehend
durch die Modelleuchte der Städtischen Gaswerke ersetzt. Nachbauten wurden ab den 1970er Jahren verstärkt im Rahmen der Stadtbildpflege
aufgestellt und werden deswegen rein elektrisch betrieben. Gasbetriebe Modellleuchten finden auch (als 4-flammige Ausführung statt der
ursprünglichen 2 Gasflammen) auch noch zahlreich in der Stadt. Der Bündelpfeilermast entspricht in seiner Form den noch bei der Gasbeleuchtung
vielfach vorhandenen Originalen. Die Aufsatzleuchten wurden vorrangig von der Fa. Constructionslicht geliefert, aber auch andere Hersteller führen weitesgehend identische Modelle.
Im Stand von 2005: Verbreitung: Im Westteil in gründerzeitlichen und
altstädtischen Bereichen, z.B. Altstadt Spandau, Charlottenburg, Kreuzberg (Chamissoplatz), Schmargendorf Tölzer Straße, zahlreiche Dorfanger der Stadt. 1.250 auf Bündelpfeilern und auf
Charlottenburger Kandelaber.
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Gas - Hängeleuchte A11
Diese Hängeleuchte A11 ist ein typischer Berliner Leuchtentyp. Er prägte in den 1920er/30er Jahren das Straßenbild. Dieser Leuchtkopf
findet sich an unterschiedlichen Mastformen wieder. Am großen oder kleinen Galgenmast, zweiarmiger Galgenmast, Hängeleuchtemast (mit
elipsen- oder halbkreisförmigen Ausleger, Großer Bischofsstab oder Bündelpfeilermast mit Aufsatz für Hängeleuchten). Dieser Leuchtyp
findet sich noch heute in vielen Stadtteilen und wird auch noch neu aufgebaut (Prenzlauer Berg, Tiergarten). Die Hängeleuchte ist auch als
Nachbau für den elektrischen Betrieb im Stadtbild vorhanden.
Im Stand von 2005: Überwiegend in Kreuzberg, Köpenick , Spandau,
Charlottenburg, Tiergarten, Marzahn, Schöneberg und Reinickendorf. Insgesamt ca. 3.000 Maste, die aber unterschiedliche Auslegerformen
haben, wobei diese Form überwiegt. Ca. 1.300 Maste sind Stahlmaste mit Steigerohr. Aufstelldatum: Schon ab den 1920er Jahren.
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Leistner-Aufsatzleuchte
Diese Aufsatzleuchte wurde in der Form schon 1930 von der damaligen Firma
Ehrich&Graetz hergestellt. Nach 1949 wurde dieser Lampentyp für die Ostberliner Gaslaternen weiterhin aus der VEB Leuchtenbau Leipzig mit
Bakelit-Dach geliefert und wird als Leistner-Aufsatzleuchte bezeichnet.
Letzte Bestände befinden sich heute noch in Köpenick im Alltagsbetrieb. Im
Unterweltenmuseum (U-Bhf. Gesundbrunnen) befinden sich zwei fabrikneue Lampen aus dem einstigen Reservelager (Luftschutzanlage Alexanderplatz).
Die verwendeten Bündelpfeilermasten sind die auch bei der BAMAG U7 verwendeten, sowie wurden Betonmasten mit Gasrohr innen verwendet.
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Gas- Aufsatzleuchte BAMAG U7
Diese vierflammige Leuchte kam ab 1951 im Zuge der Modernisierung der
Berliner Gas- Straßenbeleuchtung zum Einsatz. Sie wurde gegen die noch aus Vorkriegszeiten stammende, zweiflammige Modellleuchte ausgetauscht.
Die Leuchte wurde zunächst von der Fa. Pintsch-BAMAG in Berlin hergestellt und folgte gestalterisch Vorbildern aus den 1930er Jahren. Die meisten
Aufsatzleuchten befinden sich auf Gussmasten, die teilweise noch aus dem 19. Jh. stammen und z.T. noch Inschriften auf dem Sockel tragen, die Auskunft
über die aufstellende Gasgesellschaft (z.B. I.C.G.A.) bzw. den Masthersteller geben. Heute stellt noch die Fa. HahnLicht die Leuchte auch für
Elektrobetrieb her. Mit über 30.000 Leuchten ist die U7 die mit Abstand am weitesten verbreitetste Gasleuchte in Berlin. Neben den Gussmasten gibt es
glatte Stahlmasten mit zahlreichen Ausführungen. Die Gussmaste sind gasdurchströmt und können daher nicht von innen korrodieren - sie stehen z
.T. schon über 100 Jahre. Der Bestand dieser Leuchte verringert sich zunehmend, die Stadt Berlin lässt diese Leuchten restlos auf elektrische
Energiequelle umrüsten. Dabei wird der Gasleuchtenkopf durch eine elektrische Kopie ersetzt und der gusseiserne Mast nebst Änderung der Energiequelle ausgetauscht. Eine Gaslaterne
jedoch wird mit Gas betrieben, alles andere ist nur ein Imitat. Stand 2005: Verbreitung: Flächendeckend in Westbezirken
sowie z.T. in Köpenick, Marzahn und Mahlsdorf. Anzahl: Aufsatzleuchten ca. 30.000, Maste ca. 21.000. Maste schon ab Mitte des 19. Jh., Leuchten ab 1951.
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Gas- Reihenleuchte RL 4, 6 oder 9 (alte Bezeichnung Al 4, 6 und 9)
Die Reihenleuchte ist eine Neuentwicklung der Nachkriegszeit. Die
Glühstrümpfe sind hintereinander – in Reihe – angeordnet und bilden so eine lange Beleuchtungsstrecke in der Leuchte, analog der elektrischen
Langfeldleuchten. Im Zuge der Modernisierung der Gas-Straßenbeleuchtung, die aufgrund des höheren Verkehrsaufkommens eine Bordkantene leisten musste, wurden ab 1953/ 54 zunächst
versuchsweise Reihenleuchten eingeführt, die an Peitschenmasten montiert wurden. Die Leuchten, zunächst an 6500 mm hohen Masten mit
1,25 m langen Auslegern montiert, ragten nun aus den Kronen der Straßenbäume heraus und konnten somit die Fahrbahn wesentlich besser ausleuchten als die bis dahin üblichen Aufsatz- oder
Hängeleuchten. Gas-Reihenleuchten gibt es in 4-, 6- und 9- flammiger Ausführung. Die für Berlin entwickelte Form wurde verworfen und statt dessen das für Hamburg entwickelte Modell, die
„Hamburger Form”, eingesetzt. Stand 2005: Etwa 10500 Stück. Der Bestand reduzierte sich ab 2010 in großen Schritten.
Die Laternen werden überwiegend durch das Produkt “Jessica” von der Firma Semperlux ersetzt. Dabei werden die Maste
nicht wiederverwendet und handelt sich um einen ganz klaren Austausch ohne Bezug auf die alte Form.
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Charlottenburger Kandelaber, 3 und 5-armig
Der „Charlottenburger Kandelaber” ging aus einem 1903 vom Magistrat
der Stadt Charlottenburg ausgeschriebenen Wettbewerb für mehrarmige Kandelaber hervor. Ziel war die repräsentative Beleuchtung von
besonderen Straßen der damals reichen Stadt Charlottenburg. Schon ab dem ersten Viertel des 19. Jh. waren in Berlin mehrarmige
Kandelaber aufgestellt worden (z.B. der Schinkel-Kandelaber). Den ersten Preis erlangte Herr Nolkenborn aus Köln, wahrscheinlich ein
Mitarbeiter der Eisengießerei Aktiengesellschaftfür Gas und Electrizität in Köln, die den Kandelaber komplett aus Gusseisen herstellte. Die
fünfteilige Krone bestand aus fast 50 Einzelteilen. Diese Kandelaberform ist eine der wenigen, die in Berlin erhalten geblieben ist (drei Originale).
Der Kandelaber wird elektrisch oder mit Gas betrieben (z.B. im Gaslaternen-Freilichtmuseum Berlin). Der Charlottenburger Kandelaber
steht elektrisch betrieben in dreiarmiger Ausführung in Charlottenburg am Klausener Platz und auf der Moabiter Brücke.
Auch hier ist eine Elektrifizierung aller Modelle vorgesehen. Dabei
werden hier möglichst behutsam LED-Einsätze verwendet. Jedoch gilt auch hier: Eine Gaslaterne gibt Gaslicht ab. Ersetzende Leuchtmittel
sind allenfalls Kopien, und wenn sie noch so dicht an das Original kommen, sind es doch Imitate.
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Moderne Gas- Aufsatzleuchte
Für diese moderne Gasleuchte (4 Glühstrümpfe) wurde eine
handelsübliche Elektroleuchte mit modernster Gastechnologie versehen. (Auf technologische Verbesserungen der Gastechnologie hält der
ehemalige Abteilungsleiter der Gas-Straßenbeleuchtung der GASAG, Dipl.-Ing. Michael Kraft, diverse Patente.) Die formschöne Leuchte wurde im
Jahr 2000 in den Neubaugebieten in Gatow, Altglienicke und Buchholz aufgestellt (insgesamt weniger als 200 Stück). Seit diesem Jahr wurden
Dämmerungsschaltersysteme mit Solarzelle erprobt, die zur praktischen Anwendbarkeit gereift, seit 2003 in Leuchten der Berliner Gas-Straßenbeleuchtung eingebaut werden. Das neue
Dämmerungsschaltersystem benötigt keine Batterien mehr und ist schon
aufgrund entfallender Wartungs- bzw. Austauscharbeiten deutlich kostenreduziert. In kleinen Erschließungsstraßen erfüllt Gaslicht problemlos die DIN 5044 (ortsfeste Beleuchtung).
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Hier soweit nur eine Kurzdarstellung der Laternenformen. Ausführliche Betrachtungen der einzelnen (auch ehemaliger und nicht nur Berliner) Laternentypen finden Sie in der Vereinszeitschrift “Der
Zündfunke” des Vereins “ProGaslicht e.V.” in der Serie “Die kleine Laternenkunde”.
Berliner Gas- Reihenleuchte (1): Heft 1 Seite 6 (sowie Heft 6 weiterer Artikel über die
Gasreihenleuchte), Berliner Gas- Aufsatzleuchte U7 (2): Heft 2 Seite 9, Berliner Gas Hängeleuchten (3): Heft 3 Seite 9,
Berliner Modellleuchte (“Schinkelleuchte”) (4): Heft 4 Seite 7, Die Leistner-Aufsatzleuchte (5): Heft 6, Seite 10, Das Kölner Modell (6): Heft 7 Seite 3
, Die Camberwell- Leuchte (7): Heft 8 Seite 7, Die Gasreihenleuchte L56 der Firma Schneider (8): Heft 9 Seite 9, Die Gas- Reihenleuchte von Fa. Rech (9)
: Heft 10 Seite 10, Die Ursprünge der Gas- Reihenleuchte und weitere Formen (10): Heft 12 Seite 11, Die Bronze-Lichtträger am Reichstag (11): Heft 13 Seite 11,
Wandarme (12): Heft 15 Seite 8, Die Schwechten- Laterne (13): Heft 18 Seite 18, Die Schinkelleuchten (14): Heft 20 Seite 6, Schinkelleuchte am Schlossplatz (15)
: Heft 21 Seite 7, Die Entwicklung der Gas- Reihenleuchte (16): Heft 22 Seite 5, Die Wiener Laterne (17): Heft 23 Seite 6, Der Charlottenburger Kandelaber (18)
: Heft 24 Seite 11, Luftschutzleuchten (19): Heft 25 Seite 10, Modell Baden-Baden (20): Heft 26 Seite 14, Kandelaber am Berliner Reiterdenkmal (21): Heft 27 Seite 16,
Verordnete Gemütlichkeit (moderne Viereckleuchte) (22): Heft 28 Seite 11, Regenerativleuchten (23); Heft 29 Seite 14, Die Pilzleuchten (24): Heft 30 Seite 9,
Ansatzleuchten (25): Heft 35 Seite 27, Berlins vergessene Gaslaternen (26): Heft 37 Seite 21 und weitere Artikel.
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