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Handweichenbezirk Boddinstrasse |
Nicht alle Weichen bei der Berliner U-Bahn sind oder waren an ein Stellwerk angeschlossen. In den Anfängen der U- Bahn gab es Handweichenbezirke an den Endstellen (bspw. Bahnhof Knie, 1902-1906). In den 1930er bis 1960er Jahren bestanden Handweichen in Hauptgleisen an folgenden Stellen: Gleisdreieck unten (W4 + W12 zur Bahnmeisterei), Horst-Wessel-Platz (ab 5/1945 Schönhauser Tor, ab 2/1950 Luxemburgplatz, ab 5/1978 Rosa-Luxemburg-Platz), Gleiswechsel zwischen Möckernbrücke und Hallesches Tor, Anfang der 1960er Jahre auch Schlesisches Tor, Stadtmitte C sowie auch Kochstr. und Reinickendorfer Str. sowie der Bahnhof Boddinstraße bis 1978. Der Bahnhof Boddinstraße wurde am 17.7.1927 eröffnet, die Züge pendelten zunächst nur über die benachbarte Station Hermannplatz zur Schönleinstraße. Bis zum 8.4.1930 wurde schrittweise die GN-Bahn zwischen Leinestraße und Gesundbrunnen in Betrieb genommen. Die 15 Jahre zuvor geplante Werkstatt Christianastraße am nördlichen Endpunkt der Linie wurde jedoch nicht errichtet. Die Kehranlage des Bahnhofes Boddinstraße diente in den ersten Jahren der Gesundbrunnen- Neukölln- Bahn (GN- Bahn) als behelfmässige Werkstatt. Erst mit der Inbetriebnahme der Werkstatt Friedrichsfelde (Wfi) ab 1930 wurden die Züge der GN-Bahn (fortan Linie D) und der Friedrichsfelder Linie (Linie E) dort gewartet.
Die Kehranlage Boddinstraße wurde für diesen Zweck mit zwei Aufstellgleisen und einem Untersuchungsgleis versehen. Das Untersuchungsgleis trug wie in Werkstätten damals üblich eine Deckenstromschiene, die über Kabel mit Aufsteckhülsen auf die Stromabnehmer der Triebwagen gesteckt wurden. Ein kleiner Aufenthalts- und Werkstattraum für die kleine Werkstatt- Mannschaft stand ebenso zur Verfügung. Ein Stellwerk jedoch gab es vermutlich nie auf diesem Bahnhof. Die gesamte Weichenanlage (Weichen 1, 2 5 bis 9 sowie Gleissperre 3 und 4) ist ab 1927 als Handweichenbezirk ausgelegt worden. Um die Handweichen in Abhängigkeit zu den Selbstblocksignalen zu bringen, bedurfte es einer besonderen betrieblichen Verfahrensweise zur Bedienung der Handweichen.
Hier ein Auszug aus Vorschriften für den Stellwerksdienst (Hebelstellwerk) U-Bahn (StV HS), Ausgabe 1959:
Aus der Signalordnung (BVG, Ausgabe 1942): (39) Wenn während des Betriebes Umsetzbewegungen über Handweichen vorgenommen werden sollen, ist vorher an den diese Umsetzbewegungen deckenden Hauptsignalen Signal 15b (Haltscheibe/rote Laterne) aufzustellen. Da die den Weichenbereich deckenden Signale Selbstblocksignale sind, genügt es nicht, die betreffenden Sbk auf Halt zu stellen, da Selbstblocksignale kein absolutes Halt darstellen. Zugfahrer sind berechtigt, an haltzeigenden Blocksignalen vorsichtig (auf Sicht) vorbeizufahren. Daher bedurfte es einem zusätzlichen roten Licht, dem Signal 15b der Signalordnung (Wärterhaltscheibe / rote Laterne) am Blocksignal aufzustellen.
Die genaue Betriebszeit dieser provisorischen Werkstatt Bo ist nicht überliefert. Es gibt Hinweise, dass sie ab und wann bis 1970 noch für kleine Arbeiten gelegentlich genutzt wurde. Kriegseinwirkungen aber auch die schwierige politische Situation könnte Grund dafür gewesen sein. Gleichzeitig stand aber auch im Bahnhof Hermannplatz (Hpo) ein Gleis für kleine Reparaturen zur Verfügung, wo Fahrzeuge auch erheblich einfacher zugeführt werden könnten (stellwerksbedient). Mit der Inbetriebnahme der Betriebswerkstatt Britz ab 1970 gab es jedoch keinen Anlass mehr, diese Anlage vorzuhalten. Nach Berichten von Zeitzeugen wurde die Gleisanlage zum Abstellen von nicht mehr benötigten Zügen (Betriebsreserve) verwendet.
Das Gleis 5 mit Deckenstromschiene war mit einer Revisionsgrube versehen, um auch unter dem Fahrzeug arbeiten zu können. Diese Wartungsgrube ist aber später verfüllt worden.
Mit dem Ausbau des SpDrS-U Regionalstellwerks Hermannplatz wurde der Handweichenbezirk Boddinstraße aufgelöst. Die Weichen (21, 22 und 25, 26 und 29, 30) wurden ab dem 27.9.1978 elektrisch fernbedient und standen unter sicherer Abhängigkeit mit der Signaltechnik. Auf dem Gleis 5 (hinterer Bereich) wurden um 2005 zur Verschrottung anstehende Altbauzüge (Typ DL) zwischengeparkt bis sie zur Verschrottung abgeholt wurden.
Quellen:
Text und Zusammenstellung: Markus Jurziczek von Lisone, BVS 6/2010 |
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