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U-Bahn Berlin

Die Versuchswagen 515 und 867 der BVG 1928/29

A1 Bw 515 Kehre Sno 04.12.1980 Foto Detlef Jentzsch

Wagen 515 stammt aus der 1. Lieferung der Hochbahn (1901). Bei Auslieferung trug der Wagen noch die Nummer 209 (die Wagen wurden 1912 neu sortiert). Zusammen mit Wagen 867 (bis 1912 noch als 207 bezeichnet)  wurde 1928 an diesem Fahrzeugen ein Umbau vorgenommen. Die übrigen Wagen dieser Lieferung wurden in den folgenden Monaten ausgemustert.

Die Fahrzeuge erhielten eine Scharfenbergkupplung (die AI-Wagen waren sonst mit einer “Hochbahnkupplung” ausgestattet) , die Fensteranordnung wurde verändert sowie eine zweiflügelige Tür, sodass sie äusserlich auf dem ersten Blick einem AII Wagen ähnelten. Die Inneneinrichtung wurde versuchsweise ebenso verändert. Bisher gab es bei der Hoch- und Untergrundbahn in Berlin nur die lange Längsbank in den Zügen (mit Ausnahme von 3 Probewagen). Hier wurden nun die Sitzbänke quer eingebaut. Die Mitarbeiterzeitung “Die Fahrt” der Berliner Verkehrsgesellschaft aus dem Jahr 1929 (Heft17) berichtet hier über den ersten Wagen (867) wie folgt:

Neuer Versuchswagen der U-Bahn

Die Berliner Verkehrsgesellschaft hat einen neuen U -Bahnwagen probeweise in Betrieb genommen, der gegenüber dem bisherigen Typ einige wesentliche Neuerungen aufweist. In erster Linie ist der Wagen darauf eingerichtet, dass der Personenwechsel sich getrennt vollziehen kann.

Von den Doppeltüren an beiden Enden des Wagens ist jeweils ein Flügel nur von innen bzw. von aussen zu öffnen . Durch den  von innen zu öffnenden Flügel sollen die Fahrgäste den Wagen verlassen, während sie durch den von aussen zu öffnenden einsteigen. Aufschriften weisen auffällig auf diese Anordnung hin.

Die zweite Neuerung besteht in der Anbringung von Quersitzen im mittleren Drittel des Wagens, so dass auch denjenigen Fahrgästen Rechnung getragen ist, die lieber in der Fahrrichtung als quer zu ihr sitzen.

Die neue Anordnung dieser Wagen soll es ermöglichen, dass der Personenwechsel auf den Stationen sich schneller vollzieht Dadurch können die Haltezeiten, die ja bei der U-Bahn einen ziemlich grossen Teil der Reisezeit ausmachen, nicht unerheblich verkürzt werden. Bei Bewährung dieses neuen Typs, der in den eigenen Werkstätten der U-Bahn durch Umbau eines alten Wagens hergestellt worden ist, sollen nicht nur die neu einzustellenden Wagen danach bestellt werden, sondern auch die im Betriebe befindlichen wagen nach und nach entsprechend umgebaut werden.

Jedenfalls ist die Berliner Verkehrsgesellschaft bemüht, auch durch diese Massnahme dem Bedürfnis der Bevölkerung Berlins nach schneller und sicherer Beförderung Rechnung zu tragen. (Die Fahrt, 17/1929)

Im Heft 15 des Jahres 1933 berichtet die Mitarbeiterzeitung “Die Fahrt” von beiden Fahrzeugen:

Auf der U-Bahn (Kleinprofilstrecken) verkehren seit längerer Zeit versuchsweise zwei U-Bahnwagen, die mit Quersitzen ausgerüstet sind. Unsere Abbildung zeigt den einen dieser Wagen, dessen mittlerer Teil mit Quersitzen ausgestattet ist.

 

Der Beiwagen 867 gilt seit Mai 1944 als verloren. Beiwagen 515 überstand diese Zeit unbeschädigt. Zunächst im Regelbetrieb eingesetzt verrichtete er bis Ende 1950 (Fristablauf) seinen Dienst. Für eine Ausmusterung galt der Wagen noch zu jung, war er doch erst 1928 generaluntersucht.  Zunächst fand der Wagen in der Halle Grunewald einen Stellplatz. Später wurde dieser Wagen in die Halle Krumme Lanke abgestellt. Etwa 1977 wurde der Wagen wieder verschoben und fand in der Abstellanlage Spichernstrasse (ehemals Bahnhof Nürnberger Platz) nun seinen neuen Platz.

A1 Bw 515 Chlorodont Werbung 04.12.1980 Foto Detlef Jentzsch

Am 4. Dezember 1980 wurde dieser Wagen in der nächtlichen Betriebspause von Spichernstrasse über Wittenbergplatz zur Betriebswerkstatt Grunewald überführt. Noch galt dieser Wagen als erhaltenswert.

 
A2U Tw 410 Bstg. Sno 04.12.1980 Foto Detlef Jentzsch

 

Eingekuppelt zwischen 2 Triebwagen der Bauart AII startete nach der letzten Fahrgastfahrt diese Überführung am 4.12.1980.

 

  Von den Rangierarbeiten liegt im BVS Online-Archiv dieses Tondokument aus, dass in der Nacht von den Rangierarbeiten im Bahnhof Spichernstraße angefertigt wurde.

A1 Bw 515 Fgst. Raum 04.12.1980 Foto Detlef Jentzsch 2

In der Betriebswerkstatt Grunewald wurde der Wagen 515 auch weiterhin trocken auf einem Hallengleis abgestellt. Scheinbar war noch eine Nutzung für museale Zwecke vorgesehen.  Man kann sich leicht vorstellen, dass dieser Wagen sich gut als Ausflugswagen gemacht hätte: die komfortable Bestuhlung hätte sich für Sonderfahrten angeboten.

A1 Bw 515 Fgst. Raum 04.12.1980 Foto Detlef Jentzsch

Etwa 1995 wurde das Fahrzeug aufgegeben. Zunächst aus der Wagenhalle Grunewald geholt, und bis 1997 auf einem Gleis im Freien abgestellt verrottet der Wagen mit Holzaufbau sehr schnell.

A1 Bw 515 Fgst. Raum 04.12.1980 Foto Detlef Jentzsch1

 

Im Sommer 1997 wurde der Wagen 515 auf einem Tieflader zur Verschrottung in Ferchland gebracht.  Kaum beachtet von Museen und Vereinen wurde das letzte Fahrzeug der 1. Lieferung, der älteste Wagen der Berliner Hochbahn (so alt wurde bisher kein Fahrzeug bei der U-Bahn Berlin) achtlos zerkloppt. Dieser Wagen wäre zum 100-jährigen Jubiläum der Berliner U -Bahn im Jahr 2002 bereits 101 Jahre alt gewesen, was eigentlich Grund genug gewesen wäre, ihn aufzubewahren.

 

A1 Bw 515 Fgst. Raum 04.12.1980 Foto Detlef Jentzsch4

 

Wagen 515 kin der bw Gru - Es wäre ein schöner Museumswagen geworden

 

515 hätte ein schöner Museumswagen für den Sonderverkehr werden können - Aussergewöhnliche Fahrzeuge haben es schwer

Quellen und weiterführende Literatur:

  • Berliner Verkehrsblätter, Heft 10/1997, Seite 207/208
  • Die Fahrt, Ausgabe 17/1929, Seite 23
  • Die Fahrt, Ausgabe 15/1933, Seite 142

Text: Markus Jurziczek, 3/2004

 

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